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Kommentar zu „Romeo“-Spitzeln beim Verfassungsschutz Das Schlafzimmer muss tabu sein

Das Eingehen intimer Beziehungen zur Informationsbeschaffung ist falsch. Gut, dass das Bundesverfassungsgericht Änderungen erzwingt.

Von Hagen Eichler 05.08.2024, 18:00
MZ-Kommentator Hagen Eichler
MZ-Kommentator Hagen Eichler (Foto: Andreas Stedtler)

Magdeburg/MZ - Für James Bond war der Einsatz in den Betten schöner Frauen jahrzehntelang eine Selbstverständlichkeit. Routiniert setzte er seinen durchtrainierten Körper ein, um an Geheimnisse zu kommen – stets im Dienst von Königin und Vaterland.

Nun ja: Es fällt schwer, sich einen Mitarbeiter (männlich/weiblich/divers) des sachsen-anhaltischen Verfassungsschutzes vorzustellen, der sich auf ähnliche Weise in die Herzen von Verfassungsfeinden charmiert und umstürzlerische Gruppen infiltriert.

In Hamburg hatte eine LKA-Beamtin keine Skrupel

Und doch haben deutsche Polizei- und Verfassungsschutzbehörden bereits mit der „Romeo-“ beziehungsweise „Venus“-Falle“ gearbeitet, auch wenn es nur höchst selten bekannt wird. In Hamburg etwa setzte das Landeskriminalamt eine Beamtin auf die linksextreme Szene an. Sechs Jahre lang war die Frau Stammgast in einem besetzten Haus, sammelte Kontakte und soll auch zwei Liebesbeziehungen mit Szeneangehörigen gehabt haben.

Zu Recht hat das Bundesverfassungsgericht diese Praxis als verfassungswidrig verworfen. Das „staatlich veranlasste Eingehen einer intimen Beziehung zum Zweck der Informationsgewinnung“ sei vollkommen ausgeschlossen, urteilten die Richter. Wer sich einem anderen Menschen für eine Beziehung öffnet, braucht dafür Vertrauen – und das darf nicht dadurch zerstört werden, dass sich der Partner später als Spitzel herausstellt. Das muss auch in Sachsen-Anhalt gelten.

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Damit sind allerdings den Sicherheitsbehörden keineswegs die Mittel genommen, um gegen Bedrohungen vorzugehen. Die Maßnahmen – Einsatz von V-Leuten, Observierung, Ortung von Handys und mehr – müssen eben nur angemessen und richtig begründet sein. Ob der jetzige Gesetzentwurf das richtige Maß findet, wird sich wohl erst im Praxistest zeigen. Die Gefahren für Freiheit und Demokratie jedenfalls werden nicht kleiner – der Staat muss sich wappnen.