Fragen und Antworten Was ist erlaubt und was nicht: Das sind die Regeln für Demonstrationen in Sachsen-Anhalt
In Sachsen-Anhalt gehen derzeit zahlreiche Menschen auf die Straße und demonstrieren gegen die Corona-Maßnahmen. Doch oftmals sind die Demos nicht angemeldet und somit unzulässig. Hier ein Überblick über die rechtliche Lage.
Magdeburg/dpa/DUR - Fast täglich finden in vielen Orten in Sachsen-Anhalt angebliche "Spaziergänge" statt. Vor allem montags versammeln sich landesweit Tausende Menschen, um gegen die Corona-Maßnahmen zu demonstrieren. Doch sind die Ansammlungen überhaupt legal und welche Strafen drohen? Alle Fragen hier im Überblick.
Warum werden die Demonstrationen oftmals als Spaziergänge bezeichnet?
In den angeblichen "Spaziergängen" der Gegner der Corona-Maßnahmen sehen die Behörden einen Versuch, die Anmeldepflicht zu umgehen, um keine Auflagen zu bekommen: Das Ganze soll so wirken, als sei es gar keine Demonstration oder als habe sich diese spontan ohne Organisator gebildet. Tatsächlich gibt es im Vorfeld aber Aufrufe in sozialen Netzwerken, vor allem im Messenger-Dienst Telegram.
Welche Regeln müssen Demonstranten bei Planung und Bildung einer Versammlung einhalten?
Die Versammlungsfreiheit ist in der Demokratie ein hohes Gut. Das Grundgesetz garantiert in Artikel 8 "das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln". Eine Erlaubnis braucht eine Demo also grundsätzlich nicht.
Was eine Demonstration allerdings im Normalfall benötigt, ist ein Ansprechpartner für die Behörden, also einen Anmelder und Versammlungsleiter, wobei beide Aufgaben nicht bei der gleichen Person liegen müssen.
Treffen sich mindestens zwei Teilnehmer, wird von einer Versammlung gesprochen, erklärt ein Pressesprecher der Polizeiinspektion Magdeburg. Dementsprechend bedarf es auch einem Veranstalter, denn nach dem Versammlungsgesetz des Landes muss jede öffentliche Versammlung einen Leiter haben, heißt es weiter. "Der Gesetzgeber sieht eine Versammlung ohne Leiter nicht vor. Somit sind Versammlungen ohne Leiter nicht durchführbar".
Bei "Versammlungen unter freiem Himmel" sind Beschränkungen möglich. Das Versammlungsgesetz sieht vor, dass Versammlungen im Freien mindestens 48 Stunden vor Bekanntgabe vom Veranstalter bei den Behörden angemeldet werden müssen. Das soll sicherstellen, dass zum Beispiel der Verkehr umgeleitet werden kann oder die Polizei auf mögliche Gegendemonstranten vorbereitet ist.
Demos in Sachsen-Anhalt: Sonderfall Spontanversammlungen
Eine Ausnahme sind Eil- und Spontanversammlungen. Hier kann aufgrund des kurzfristigen Anlasses der Versammlung auf die 48-Stunden-Frist verzichtet werden.
Da Spontanversammlungen - wie der Name es sagt - sich spontan und ohne Vorbereitung bilden, ist hier auch kein Versammlungsleiter notwendig.
Sollte dies allerdings ausgenutzt werden, indem geplante Demonstrationen einfach als Spontanversammlung deklariert werden, macht sich der "faktische Leiter" der Versammlung laut Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes strafbar. Erfolgt die Anmeldung, trotz vorheriger Planung der Versammlung, erst bei oder nach Beginn einer Versammlung oder gibt sich gar kein Versammlungsleiter zu erkennen, ist dies ein Verstoß gegen das Versammlungsgesetz. Eine solche Versammlung kann von der Polizei aufgelöst werden.
Was darf ich auf einer Demo nicht?
Grundsätzlich verboten bei Demonstrationen ist das Mitführen von Waffen oder als Waffe geeigneten Gegenständen. Verboten ist ebenfalls eine Uniformierung der Teilnehmer, wenn davon eine einschüchternde Wirkung ausgeht. Auch Vermummung mit dem Ziel, nicht erkennbar zu sein, ist laut dem Versammlungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt verboten.
Im Normalfall gilt auf Demonstrationen zudem als Auflage ein Alkoholverbot und ein Verbot des Mitführens von Tieren, ausgenommen notwendige Asistenztiere.
Kann eine Versammlung verboten werden?
Eine Versammlung kann laut Gesetz verboten werden, wenn die öffentliche Sicherheit oder Ordnung "unmittelbar gefährdet ist". Ein Verbot darf aber immer nur das letzte Mittel sein. Auch in der Corona-Pandemie gilt, dass zuerst geprüft werden muss, ob zum Beispiel die Infektionsgefahr durch Auflagen ausreichend verringert werden kann.
Welche Regeln gelten momentan für Teilnehmer bei den Demos in Magdeburg?
Besonders strenge Regeln hat derzeit Magdeburg. Laut der Allgemeinverfügung der Polizeiinspektion Magdeburg - die Polizei ist in Sachsen-Anhalt als Versammlungsbehörde für Demos und Kundgebungen zuständig - müssen die Teilnehmer einen Mindestabstand von 1,5 Metern einhalten. Ebenfalls sind sie dazu verpflichtet eine OP- oder FFP2-Maske zu tragen. Die Maske darf lediglich zu Identifikationszwecken sowie bei zwingenden Gründen (zum Beispiel für Redebeiträge im Rahmen der Ausübung des Versammlungsrechts) abgenommen werden, heißt es in der Allgemeinverfügung weiter.
Die Versammlungen dürfen auch nur an einem Ort stattfinden. Jedoch kann für eine ortsübergreifende Veranstaltung ein Antrag eingereicht werden, der ebenfalls 48 Stunden vor Bekanntmachung der Versammlung vorliegen muss.
Welche Strafen können drohen?
Bei Verstößen gegen Versammlungsauflagen oder bei Straftaten kann die Polizei Teilnehmer von der Versammlung ausschließen oder diese ganz auflösen. Es drohen Geldbußen. Der Veranstalter oder Leiter kann sich sogar strafbar machen und zu einer Freiheits- oder Geldstrafe verurteilt werden.
Bei unangemeldeten Versammlungen sieht die Situation etwas anders aus. Meldet ein Veranstalter eine Versammlung nicht an, verstößt dieser gegen das Versammlungsgesetz. Diese Handlung stellt nach Aussage der Polizei eine Ordnungswidrigkeit dar. Halten sich Teilnehmer einer unangemeldeten Demo nicht an die Maskenpflicht oder ausreichend Abstand, kann dies von den Beamten allerdings nicht als Ordnungswidrigkeit festgehalten werden.
Grund dafür ist, dass eine Versammlung bei der zuständigen Versammlungsbehörde anzumelden ist, damit diese auch beauflagt werden kann. Dadurch, dass viele der Demos nicht angemeldet worden sind, unterliegen sie dementsprechend auch keinen Auflagen und Verstöße können nicht als Ordnungswidrigkeit gelistet werden, teilte die Polizei Magdeburg mit.
Wie geht die Polizei gegen unangemeldete Versammlungen vor?
Unter anderem kann die Polizei sogenannte Betretungsverbote/Platzverweise aussprechen. Das hat die Polizei in Magdeburg am Montag gegenüber einigen Personen genutzt. Rund 240 Personen haben ein Betretungsverbot für große Teile der Altstadt erhalten. So hat mitunter der Magdeburger AfD-Stadtrat Ronny Kumpf solch ein Schreiben erhalten. Auf Twitter machte er mit einem Foto des Schreibens seinem Unmut Luft. Das Gericht erklärte den Platzverweis jedoch kurze Zeit später als rechtswidrig und hat ihn aufgehoben.
Auch in der Vergangenheit wurden bereits vor den Protesten solche Betretungsverbote ausgesprochen. Dadurch sollen bereits auffällig gewordene Personen von vornherein daran gehindert werden, an den Demonstrationen teilzunehmen.
Die Polizei kann eine unangemeldete Versammlung allerdings auch auflösen. Die Vorgehensweise zu der Durchsetzung wird laut Magdeburger Polizei jedoch von den Beamten je nach Einschätzung der Situation vor Ort entschieden. Bei früheren Demonstrationen haben Polizeibeamte den Demo-Zug unter anderem auch eingekesselt, Straßen gesperrt und vor der Auflösung vermehrt Personalien von teilnehmenden Personen aufgenommen.
Obwohl das Versammlungsrecht über dem Polizeirecht steht, sind die Maßnahmen möglich sobald Teilnehmende gegen die Regeln verstoßen. Zum Beispiel, wenn kein Abstand gehalten oder keine Maske getragen wird oder es zu Ausschreitungen kommt.