Nach zwei gescheiterten Kandidaten CDU will AfD-Mann Hagen Kohl zum neuen Vizepräsidenten im Landtag wählen
Magdeburg/MZ - Die in Teilen rechtsextreme AfD in Sachsen-Anhalt darf sich Hoffnungen auf einen Vizepräsidenten-Posten im Landtag machen. Für das ranghohe Amt stellt sich am Donnerstag der Abgeordnete Hagen Kohl zur Wahl - neben der Unterstützung seiner eigenen Partei kann er dabei auch mit Stimmen der CDU rechnen.
„Wir haben es hier mit einem Landesbeamten zu tun“, begründete Markus Kurze, parlamentarischer Geschäftsführer der CDU. „Wenn man das demokratisch betrachtet, kann man gegen diese Kandidatur nichts sagen.“
Damit liegt die CDU über Kreuz mit SPD, Grünen und Linken: Von ihnen sind keine Stimme für Kohl zu erwarten. „Alle AfD-Abgeordneten haben gezeigt, dass sie ungeeignet sind, das Hohe Haus zur repräsentieren“, sagte SPD-Fraktionschefin Katja Pähle.
Anfang 2021 hatte der Verfassungsschutz die Beobachtung des gesamten AfD-Landesverbandes eingeleitet, weil der Geheimdienst verfassungsfeindliche Tendenzen in der Partei sah. Die AfD klagt dagegen vor Gericht.
Die FDP stelle ihren Abgeordneten die Wahl indes frei, sagte Fraktionschef Andreas Silbersack. „Jeder soll selbst entscheiden.“ Die CDU betont ihr Motto im Umgang mit der AfD: „Abgrenzen, aber nicht ausgrenzen“. Als zweitgrößte Fraktion habe die AfD nun mal das Vorschlagsrecht für das Amt, so Kurze. Die CDU wolle der rechten Partei keine „Märtyrer-Rolle“ verschaffen.
Heißt also: Zusammen könnten AfD, CDU und womöglich auch Teile der FDP die nötige Mehrheit für Kohl stellen. Noch im Juli war mit Matthias Büttner ein erster AfD-Kandidat gescheitert. Ihm wurde zum Verhängnis, dass er einst drohte, Bürger „mit Fackeln und Mistgabeln“ zu Abgeordnetenbüros zu führen. Mit Matthias Lieschke hatte im September ein zweiter chancenloser AfD-Kandidat zurückgezogen.
Kohl fiel bisher nicht mit martialischen Reden auf: Der 52-Jährige arbeitete einst im Landeskriminalamt, leitete ab 2016 den Innenausschuss im Landtag. Abgeordnete attestierten solide Arbeit. Trotz positiver Signale der CDU tritt er auf die Euphorie-Bremse: „Vor Gericht, auf hoher See und bei Vizepräsidenten-Wahlen im Landtag ist man in Gottes Hand.“ Der Vizepräsident leitet unter anderem Parlamentssitzungen.
Eine zweite AfD-Personalie bleibt ebenfalls heiß: Die von Teilen des Landtags angestrebte Abwahl Hans-Thomas Tillschneiders als Chef des Justizausschusses liegt vorerst auf Eis. Weil Tillschneider einer der radikalsten AfD-Abgeordneten ist und persönlich vom Verfassungsschutz überwacht wird, haben die Grünen bereits einen Abwahlantrag vorbereitet - doch die CDU sieht für die Abwahl keine Grundlage, solange sich Tillschneider im Amt keine Fehltritte leistet.
Bei nicht ausreichend begründeter Abwahl fürchtet die CDU juristischen „Schiffbruch“, so Kurze - also eine erfolgreiche Klage der AfD. „Wenn es einen Anlass gibt, würden wir eine Abwahl mittragen“, sagte er.