Blaue Plakette gefordert Blaue Plakette gefordert: Chefin des Umweltbundesamtes auf Konfrontationskurs

Dessau-Rosslau - Dieser Vorstoß aus dem Umweltbundesamt (UBA) in Dessau-Roßlau dürfte im politischen Berlin für heftige Diskussionen sorgen: Die Präsidentin der in Sachsen-Anhalt ansässigen obersten Bundesbehörde für Umweltfragen, Maria Krautzberger, hat sich gegenüber der MZ ungewöhnlich vehement für die Einführung einer blauen Umwelt-Plakette an Kraftfahrzeugen ausgesprochen.
Mit ihrem Vorstoß begibt sich die einflussreiche Beraterin der Bundesregierung - auch für viele Experten überraschend - auf offenen Konfrontationskurs. Das Bundesumweltministerium hatte entsprechende Pläne nämlich bereits vor Monaten zu den Akten gelegt. Und auch Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) konnte der Idee nichts abgewinnen. Auch viele Bundesländer, darunter Sachsen-Anhalt, reagierten zunächst skeptisch auf das neue Pickerl.
Blaue Plakette für umweltfreundliche Dieselfahrzeuge
Letzter Stand: Eine Arbeitsgruppe der Länderverkehrsminister soll nach Alternativen suchen. Gedacht ist die blaue Plakette, um umweltfreundliche Dieselfahrzeuge zu kennzeichnen. Nur Autos mit diesem Signet dürften auch künftig die ausgewiesenen Umweltzonen der großen Städte wie Halle und Leipzig befahren. Alle anderen jedoch, die zu viel Stickoxid ausstoßen, müssten dann draußen bleiben.
Nutznießer der Plaketten-Initiative sind nach Auffassung von Krautzberger die Bürger in Stadtteilen mit viel Verkehr und entsprechend dicker Luft. „Die blaue Plakette kann eine zügige Entlastung bringen.“ Mit einer bundeseinheitlichen Verordnung über das Pickerl bekämen die Kommunen, die ihre Schadstoffbelastung weiter senken müssten, ein praktikables Instrument an die Hand. Generelle Diesel-Fahrverbote in ausgewählten Straßenabschnitten oder gerichtliche Einzelfallentscheidungen würden aus ihrer Sicht das Problem der Luftreinhaltung nicht lösen können. Stattdessen will Krautzberger viel weitergehen.
Aufhebung des Steuervorteils auf Diesel-Kraftstoff gefordert
Die UBA-Präsidentin wirbt für eine Aufhebung des Steuervorteils auf Diesel-Kraftstoff. Im Vergleich zu Benzin liege da die Energiesteuer um 18,8 Prozent niedriger. So entgingen dem Staat jährlich rund 7,5 Milliarden Euro an möglichen Einnahmen, obwohl Diesel-Fahrzeuge offenkundig keinen relevanten Beitrag zum Umweltschutz lieferten. Der Auto-Industrie schreibt Krautzberger ins Stammbuch, endlich Elektromobile für jedermann auf den Markt zu bringen. Das wäre ein Beitrag, um die Klimaziele bis 2050 zu erreichen.
Anlass zu Krautzbergers aktueller Stellungnahme ist ein neues Gerichtsurteil. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf betont darin, es bestehe eine staatliche Schutzpflicht für Leben und Gesundheit der Bürger - auch vor schlechter Luft. Die Deutschen Umwelthilfe (DUH) sieht sich mit ihrer Klage bestätigt und spricht von einem „bahnbrechenden Urteil“, das Folgen auch für andere Städte mit dauerhaft zu viel Stickstoffdioxid in der Luft habe.
Die Organisation klagt nach eigenen Angaben in 15 ähnlichen Verfahren bundesweit. Hintergrund ist ein bundesweites Monitoring. Danach fallen die Messergebnisse in rund 80 deutschen Städten viel zu hoch aus, gesetzliche Grenzwerte werden teils deutlich überschritten. In ganz Deutschland sollen nach amtlichen Angaben rund 400 000 Menschen direkt von schädlichem Stickoxid-Ausstoß betroffen sein. Das kann beträchtliche gesundheitliche Beschwerden auslösen. (mz)