Grabungen in Sachsen-Anhalt Spektakuläre Funde: Diese archäologischen Entdeckungen begeisterten in diesem Jahr
Sensationelle Entdeckungen haben Archäologen 2024 bei Grabungen in Sachsen-Anhalt gemacht. Eine jahrhundertelang verschollene Kapelle, ein großer Münzschatz und ein Bischofspalast waren darunter.
Halle (Saale)/Magdeburg. - Spektakuläre Einblicke in vergangene Zeiten, Entdeckungen, die zum Staunen anregen – bei archäologischen Grabungen entdecken Forscher in Sachsen-Anhalt immer wieder bedeutsame Funde. Auch 2024 gab es eine Reihe außergewöhnlicher Relikte, die mehr über den Alltag unserer Urahnen verraten. Die wichtigsten fünf Entdeckungen dieses Jahres hat das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie nun auf Anfrage zusammengestellt.
1. Sensationelle Wiederentdeckung der Mallerbacher Kapelle in Allstedt
1524 war es, als aufgebrachte Allstedter Bürger die Mallerbacher Kapelle zerstörten. Mutmaßlich unter dem Einfluss von Thomas Müntzer plünderten die Bürger die Kapelle und brannten sie nieder – ein Vorbote des Bauernkriegs im mitteldeutschen Raum. Und trotz dieser Bedeutung geriet der genaue Standort der Kirche über die Jahrhunderte hinweg in Vergessenheit.
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Nun, gut 500 Jahre später, konnte der Wallfahrtsort wiederentdeckt werden – durch gezielte Nachforschungen von Archäologen. Dass der genaue Standort der Kapelle eruiert werden konnte, bezeichnet das Landesamt als sensationell. "Damit gelingt die Wiedergewinnung eines herausragenden Geschichtsortes des Bauernkrieges im mitteldeutschen Raum", erläutert die Behörde die Bedeutung.
Die Reste seien überraschend gut erhalten. Sie belegen eine kleine Saalkirche, die eine Länge von gut 17 Metern hatte. Das Altarfundament ist demnach ebenfalls noch gut sichtbar und zeigt starke Spuren der Brandeinwirkung. Auch heruntergebrochene Dachziegel, Schieferplatten und verkohlte Hölzer zeugen von der Plünderung vor 500 Jahren.
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2. Ungewöhnliche Wertschätzung: Grab eines Kindes mit Wasserkopf bei Wettin-Löbejün
Bei Wettin-Löbejün im Saalekreis wurde bei den Grabungen, die seit 2023 im Zusammenhang mit der geplanten Stromtrasse SuedOstLink laufen, eine rund 1.000 Jahre alte slawische Siedlung gefunden, die neue Einblicke in die früh- bis hochmittelalterliche Besiedlung der Region ermöglicht. Besonders in einem Gräberfeld, das für rund 60 Bestattungen ausgerichtet war, machten die Forscher dabei eine ungewöhnliche Entdeckung.
Sie legten die Überreste eines Kindes frei, das an Hydrocephalus – auch Wasserkopf genannt – litt. Wie das Landesamt erläutert, sammelt sich bei dieser Erkrankung zu viel Gehirn- und Rückenmarksflüssigkeit im Schädelinneren, was bei Föten und Säuglingen dazu führt, dass sich der Kopf aufbläht.
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Bei dem Kind, dessen Überreste in dem Gräberfeld freigelegt wurden, fanden die Archäologen im Brustbereich Perlen, was auf eine besondere Wertschätzung schließen lässt. "Möglicherweise ist dies ein Zeichen der Sorge der Gemeinschaft, die dem Kind galt", so das Landesamt.
3. "Für Überraschungen gut": Erster Bischofspalast am Merseburger Domhügel
"Sachsen-Anhalt ist als geschichtsträchtiges Land immer wieder für Überraschungen gut": Mit diesen Worten kommentierte Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) diesen bedeutsamen Fund an der Südspitze des Merseburger Domhügels. Im Zusammenhang mit Untersuchungen im Rahmen der Sanierung der Martinikurie entdeckten die Wissenschaftler die Reste des ersten Bischofspalastes aus dem 11. Jahrhundert.
"Es handelt sich bei dem einzigartigen Befund um eines der ältesten mit aufgehendem Mauerwerk erhaltenen Profangebäude in Sachsen-Anhalt“, sagte Landesarchäologe Harald Meller bei der Vorstellung. „Von besonderer Bedeutung ist der überraschend im Inneren der Martinikurie angetroffene, repräsentative Saalbau“, so Meller weiter.
Es ist nachgewiesen, dass das entdeckte Bauwerk in die Zeit des Bischofs Hunold fällt, der zwischen 1036 und 1050 dem Bistum Merseburg vorstand. Demnach, erläutert das Landesamt für Archäologie, entstand es etwa zeitgleich mit der zweiten Weihe des Merseburger Doms.
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4. Schatz des Bürgermeisters? Silbermünzen-Fund in Wettin
Manchmal hilft der Zufall: Bei Arbeiten für eine neue Abwasserleitung am Ackerbürgergehöft in Wettin (Saalekreis) wurde ein Münzschatz gefunden. Insgesamt 285 Silbermünzen befanden sich in der Erde im Torbereich des Hauses. "Die älteste Münze des Fundes wurde 1499 geprägt, die jüngste stammt aus dem Jahr 1652", teilt das Landesamt mit. Vermutlich seien die Münzen im 17. Jahrhundert versteckt worden.
Bedeutsam ist der Fund nicht nur wegen seiner Größe, er belegt auch die weiträumigen Handelsverbindungen der damaligen Zeit. So beinhaltet der Schatz zahlreiche Geldstücke, die sonst eher selten in Sachsen-Anhalt vorkommen. Zum Beispiel wurde auch ein italienischer Scudo des Odoardo Farnese aus dem Jahr 1630 in der Erde entdeckt.
Das Landesamt für Archäologie vermutet, ausgehend von seinen Untersuchungen und dem Studium erhaltener Akten, dass der Schatz einst Johann Dondorf gehört haben könnte. Er war im 17. Jahrhundert einer der reichsten Bürger Wettins und für einige Jahre auch Bürgermeister der Stadt.
5. Neue Entdeckungen zum Leben am Ringheiligtum Pömmelte
Am Ringheiligtum von Pömmelte-Zackmünde (Salzlandkreis) untersuchen die Archäologen des Landesamts weitere Areale – in diesem Jahr widmeten sie sich den Anschlussflächen im Nordosten und Nordwesten des mehr als 4.000 Jahre alten Monumentalbauwerks.
Gefunden wurden dabei weitere Häuser. "Insgesamt zwölf Gebäude verteilen sich auf rund 39.000 Quadratmetern in unmittelbarer Nähe des Heiligtums", sagte Landesarchäologe Harald Meller bei der Vorstellung. "Die Menschen der Glockenbecher-Kultur haben vor rund 4.400 Jahren in diesen Häusern gelebt."
Die Analyse der Funde zeigt unter anderem, wie die Menschen damals gelebt haben: "Die Analyse von Fettrückständen an Trinkgefäßen aus den über 4.200 Jahre alten Glockenbecher-Gräbern in Pömmelte ergab ausschließlich Milchprodukte. Wir hätten nicht erwartet, dass Milch in der Ernährung oder im Bestattungsritus der Glockenbecher-Menschen eine derart zentrale Rolle spielt", beschreibt Projektleiterin Franziska Knoll eine Erkenntnis.
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Zudem tragen die neuen Ergebnisse dazu bei, mehr über die Siedlung am Ringheiligtum zu erfahren. "Mit drei neu aufgedeckten glockenbecherzeitlichen Hausgrundrissen darf nun auch der Vorgänger der frühbronzezeitlichen Megasiedlung als die größte ihrer Art in Mitteldeutschland angesprochen werden", so das Landesamt.