Angriffe auf Spitzenpolitiker Angriffe auf Politiker: Sachsen-Anhalt investiert mehr in Personenschutz

Magdeburg - Sachsen-Anhalt gibt immer mehr Geld für den Schutz gefährdeter Politiker aus. Seit 2011 wuchs die Anzahl der Personenschützer, die das Landeskriminalamt (LKA) einsetzt, um mehr als ein Drittel. Das geht laut dem AfD-Innenpolitiker Hagen Kohl aus einer Parlamentsanfrage hervor, die in Teilen als Verschlusssache gilt. Wie sich der Ausbau der Schutztruppe in konkreten Zahlen ausdrückt, halten Innenministerium und LKA geheim. Sie wollen keine Rückschlüsse auf dieses sensible Arbeitsfeld zulassen.
Den Zuwachs beim Personenschutz unter Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) bestreitet das Ministerium aber nicht. Nach MZ-Informationen sind derzeit rund drei Dutzend Beamte aktiv, ein Kostenaufwuchs von mehreren hunderttausend Euro.
Permanent unter LKA-Schutz stehen Sachsen-Anhalts Ministerpräsident und Innenminister: Zweier- und Viererteams begleiten sie auf Schritt und Tritt. Doch darüber hinaus standen seit 2015 auch andere Politiker temporär unter Schutz. Als Ursache dafür sehen Innenpolitiker ein vergiftetes Klima in der Politik. „Es ist ein Problem für die Demokratie, wenn Amts- und Mandatsträger vor physischer Gewalt geschützt werden müssen“, sagte Grünen-Abgeordneter Sebastian Striegel.
Der 36-Jährige, der sich dem Kampf gegen Rechtsextremismus widmet, stand in den vergangenen Jahren selbst teilweise unter Schutz. Doch nicht nur er: Auch Magdeburgs Oberbürgermeister Lutz Trümper (SPD) hatte 2015 nach mehreren Morddrohungen zeitweise LKA-Bewachung erhalten. Drohbriefe enthielten teils rechtsextreme Symbolik.
Bevor das LKA zum äußersten Mittel des Personenschutzes greift, erstellt es Gefährdungsanalysen für infrage kommende Politiker. Beachtung findet dabei der Terminkalender der Mandatsträger: Tritt er in der Öffentlichkeit auf, drohen dann Konfrontationen? Potenziell gefährdete Politiker stimmen sich darüber regelmäßig mit dem LKA ab. Im Anschluss gibt die Behörde eine Empfehlung an das Innenministerium in Magdeburg.
Das Ministerium schweigt über die Gründe der Personalaufstockung, die zunehmende Bedrohung für Politiker ist aber messbar: Laut LKA stieg die Anzahl der Angriffe auf Parteieinrichtungen 2017 von 31 auf 46. Im Bereich „Drohungen und Beleidigungen gegen Politiker“ zählte die Polizei 46 Fälle (Vorjahr: 31). Aus Sicherheitskreisen heißt es, nicht nur die Anzahl der Personenschützer-Aufträge sei über die Jahre gestiegen - auch die persönliche Belastung der Beamten.
AfD kritisiert „Doppelstandard“ in der Sicherheitspolitik
Angesichts der neuen Zahlen kritisiert die AfD allerdings einen „Doppelstandard“ in der Sicherheitspolitik des Innenministers seit 2011. „Der auffällige Personalaufwuchs in der persönlichen Schutzeinheit“ sei „erklärungsbedürftig“, sagte Innenpolitiker Kohl. Er kritisierte, dass immer mehr Geld für den Schutz von Politikern - auch der Landesregierung - bereitgestellt werde, gleichzeitig aber dringend benötigte Aufstockungen in wichtigen Spezialeinheiten des Landes ausblieben.
Allein im Spezialeinsatz-Kommando (SEK), das bei besonders riskanten Polizeieinsätzen alarmiert wird, sei aktuell jede fünfte Stelle unbesetzt. Dabei seien die Einsatzzahlen in den vergangenen fünf Jahren um 60 Prozent gestiegen. Die Unterbesetzung des SEK sei „grob fahrlässig bis verantwortungslos“, so Kohl. Er warf der Regierung falsche Prioritätensetzung vor. (mz)