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Sachsen-Anhalt Sachsen-Anhalt: Todesopfer nach Tornado

Von ANNE BÖTTGER UND KAI GAUSELMANN 12.09.2011, 20:59
Aufräumarbeiten an Dächern von Wohnhäuser in Peißen bei Bernburg im Salzlandkreis. (FOTO: DPA)
Aufräumarbeiten an Dächern von Wohnhäuser in Peißen bei Bernburg im Salzlandkreis. (FOTO: DPA) dpa-Zentralbild

Halle (Saale)/MAGDEBURG/MZ. - So ein Unwetter hat Sachsen-Anhalt lange nicht erlebt: In der Nacht zu Montag haben Starkregen, Hagel, orkanartige Böen und ein Tornado eine Spur der Verwüstung durch Mansfeld-Südharz, Anhalt-Bitterfeld, Salzlandkreis, Saalekreis, Kreis Wittenberg und Dessau-Roßlau gezogen. In Bernburg kam eine 51-Jährige ums Leben, ersten Ermittlungen zufolge durch einen herabstürzenden Dachziegel.

Faustgroße Hagelkörner durchlöcherten Hausfassaden und zerbeulten Autos. Ein Tornado deckte Dächer im Salzlandkreis ab; auf der Autobahn 14 mussten Autofahrer aus einer Schlammflut geborgen werden. Durch orkanartige Böen stürzten Bäume auf Stromleitungen, allein im Burgenlandkreis fiel in gut 1 000 Haushalten zeitweilig der Strom aus. Die Schäden sind enorm. Allein Bernburgs Oberbürgermeister Henry Schütze (parteilos) rechnet für seine Region mit einem Gesamtschaden von gut 70 Millionen Euro. Der Salzlandkreis und speziell die Ortschaft Peißen sind besonders betroffen.

Schon in der Nacht zu Montag gingen bei den Öffentlichen Versicherungen Sachsen-Anhalt (ÖSA) 400 Schadensmeldungen ein. "Solch einen Schadensfall haben wir noch nie erlebt", so ein Sprecher. Die Landesregierung will am Dienstag über die Schäden und mögliche Hilfen beraten. Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) besuchte betroffene Gebiete. "In manchen Orten sah es aus wie nach einem Artillerieangriff. Es ist erschreckend, was Natur anrichten kann", sagte er. "Einige Betroffene haben erzählt, wie sie unter den Wohnzimmertisch geflüchtet sind und nur noch gebetet haben." Gut 1 000 Helfer von Feuerwehr und Katastrophenschutz waren im Einsatz.

Starke Regenfälle von mehr als 20 Liter pro Stunde und Quadratmeter spülten Erde von Feldern entlang der A 14 auf die Fahrbahn. In der Nähe von Plötzkau staute sich der Schlamm meterhoch. Die Feuerwehr musste feststeckende Autofahrer retten. Die Schlammmassen wurden auch mit einem Schneepflug geräumt. Die Autobahn ist wieder befahrbar, es gilt aber ein Tempolimit. Verkehrsminister Thomas Webel (CDU) forderte eine andere Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen. Bauern sollten etwa ihre Furchen nicht zur Fahrbahn hin, sondern parallel dazu ziehen - damit Regenfluten umgelenkt werden.

Der Landesbauernverband warnte vor Aktionismus. "Bei diesen Niederschlagsmengen würde selbst ein Spargelfeld mit parallelen Dämmen zur Autobahn nicht helfen", so ein Sprecher. Umweltminister Hermann Onko Aeikens (CDU) nannte das Extremwetter "ein neues Phänomen". Um Konsequenzen zu ziehen, etwa mit neuen Entwässerungssystemen und Auflagen zur Acker-Pflege, müssten die Schäden erst genau analysiert werden. "Das braucht Zeit. Wir können nicht schon am nächsten Tag Schlussfolgerungen ziehen."