Sachsen-Anhalt Sachsen-Anhalt: Tiertafel hilft Vierbeinern in sozialer Not

Magdeburg/dpa. - Stimmengewirr und Hundegebell sind zu hören.Viele Kunden und ihre Vierbeiner stehen vor der Tür der MagdeburgerTiertafel - lange vor ihrer Öffnung. Einmal pro Woche ist hier Zeitfür Futter, vielleicht eine neue Leine und ein Gespräch. Drinnenfüllen die ehrenamtlichen Helferinnen Futterbehälter, ordnenGeschirre und bereiten die Anmeldung vor. Alles ist penibel sortiert.«Wir lassen die Leute jetzt rein», ruft Diana Degenkolbe,stellvertretende Ausgabestellenleiterin.
Der Verein Tiertafel Deutschland betreibt in Magdeburg die einzigeAusgabestelle des Landes - Vorbild sind die Tafeln für Bedürftige,von denen es inzwischen hunderte gibt. Die Zahl der Tiertafeln liegtbei 20 bundesweit. «Hier gibt es nicht nur Futter und Sachspenden,sondern auch Informationen zu Haltung und Fütterung», sagtBundesvorsitzende Claudia Hollm. «Auch Dienstleistungen wieTiertrainer, Tierarztzuschüsse sowie Impf-, Kastrations- undChipaktionen werden im Rahmen unserer Möglichkeiten unterstützt.» DasFutter wird von Hersteller, Supermärkten oder Privatleuten gespendet.
Die Kunden der Tiertafel stehen bei der Ausgabe Ehrenamtlichengegenüber. Eine von ihnen ist Astrid Schmidt. Die Architektin sitztan der Anmeldung und gibt routiniert die Ausgabezettel aus. DieHerrchen und Frauchen bekommen Rationen für drei bis vier Tage undmaximal zwei Tiere pro Haushalt. Wer ein neues Tier anschafft, wirdaus der Kundendatei gestrichen. «Wir müssen den Überblick behalten»,sagt Schmidt. Derzeit gibt es 130 Kunden, monatlich kommen etwa fünfneue dazu.
Auf Karteikarten stehen Name, Anschrift sowie die Tiere mit Namen,Alter und Geschlecht. «Ich muss unsere Kunden immer wieder an längstüberfällige Impfausweise der Tiere oder den Hartz IV- oderRentenbescheid erinnern», sagt Schmidt. Die Bedürftigkeit muss immerwieder nachgewiesen werden. «Wir machen auch unangekündigteHausbesuche und verlangen, dass uns die Vierbeiner regelmäßigvorgestellt werden.»
Vielen Menschen, die zur Tiertafel kommen, ist die soziale Notanzusehen. Sie sind ungepflegt oder riechen nach Alkohol. «Sie kommenhierher, damit es ihren Tieren gut geht», sagt Degenkolbe. Sie kenntEinzelschicksale und weiß genau, wer gerade sein Haustier verlorenhat. «Unsere Ausgabestelle ist auch ein Gesprächsraum. Viele schüttenhier ihr Herz aus.»
An einem der Ausgabetische arbeitet Hella Richter. Sie ist dieHundeexpertin, 75 Jahre alt und eine Helferin der Stunde Null. SeitDezember 2007 ist sie dabei. Jeden mitgebrachten Vierbeiner nimmt siegenau unter die Lupe. «Ohren, Augen und Krallen müssen gesund undgepflegt sein», sagt sie.
Auch «Atze» und «Leila» sind gekommen. Der Boxer-Mischling und dieschwarzgelockte Pudel-Spitz-Hündin sind beste Freunde. Erst gibt esLeckerli, dann die Futtertüte. Herrchen Yves fragt nach einemKörbchen für «Leila» und bekommt auch eins. Der arbeitslose jungeMann freut sich. «Meine Hunde sind mir heilig», sagt er. Als er dieAusgabestelle vollgepackt verlässt, steckt er schnell noch einen5-Euro-Schein in die Spendendose. Ganz heimlich.
Jede Ausgabestelle muss etwa sechs Monate nach der Eröffnung inder Lage sein, die Hälfte der Kosten allein zu tragen. In der Nothilft das Zentrallager des Vereins mit Futterspenden. Den Bestandkann es aber nicht sichern. Etwas zu kaufen ist untersagt. «Tierliebeallein reicht nicht. Wir müssen auch betteln, betteln, betteln», sagtDegenkolbe.
Tiertafel Magdeburg: Ackerstraße 2, Magdeburg
Öffnungszeiten: Donnerstag 16.00 bis 18.00 Uhr