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Sachsen-Anhalt Sachsen-Anhalt: Neue Vorwürfe in der Staatsschutz-Affäre

Von Hendrik Kranert 10.12.2007, 15:18
Sven Gratzik (r.), ehemaliger Abteilungleiter des Staatsschutzes in der Polizeidirektion Dessau, und dessen Anwalt Christian Rasch (l.) sitzen in Magdeburg im Sitzungssaal des parlamentarischen Untersuchungsausschusses im Landtag von Sachsen-Anhalt. (Foto: dpa)
Sven Gratzik (r.), ehemaliger Abteilungleiter des Staatsschutzes in der Polizeidirektion Dessau, und dessen Anwalt Christian Rasch (l.) sitzen in Magdeburg im Sitzungssaal des parlamentarischen Untersuchungsausschusses im Landtag von Sachsen-Anhalt. (Foto: dpa) ddp

Magdeburg/MZ. - Der ehemalige Chef des Staatsschutzesin Dessau, Sven Gratzik, belastete am Montagin seiner Zeugenaussage vor dem Untersuchungsausschussdes Landtages den früheren Vizechef der DessauerDirektion, Hans-Christoph Glombitza, erneutschwer. Zudem soll es in weit größerem Rahmenals bisher bekannt zu Manipulationen an derStaatsschutzstatistik in Dessau gekommen sein.Der Ausschuss soll klären, ob es im Kampfgegen den Rechtsextremismus bei der Polizeischwere Fehler gegeben hat.

Nach Angaben Gratziks seien nicht nur elfStraftaten, wie bisher vom Innenministeriumeingeräumt, aus der Statistik entfernt worden,sondern mindestens weitere 19. Dabei habees sich unter anderem um eine rassistischeTat, bei der eine Frau als "Negerschlampe"bezeichnet wurde, sowie um den Handel mitReplikaten von SS-Uniformen gehandelt. Darüberhinaus seien 35 politisch motivierte Straftatenüberhaupt nicht in die Statistik 2006 aufgenommenworden. "Obwohl die Zahl der Straftaten imDezember 2006 um 35 stieg, führte dies insgesamtzu einer Reduzierung der Fallzahlen", sagteGratzik.

"Diese 19 Fälle waren uns nicht bekannt.Wir werden sie aber alle einzeln prüfen",sagte der Sprecher des Innenministeriums,Martin Krems. Zu den 35 anderen Taten, dienicht in der Statistik auftauchten, äußerteer sich nicht. Gratzik bekräftigte vor demAusschuss auch die Kritik an Ex-VizepolizeipräsidentGlombitza. Dieser habe Ermittlungen gegenRechts mehrfach bremsen wollen. Glombitzaräumte vor dem Ausschuss die Vorwürfe zumTeil ein. Er habe gegenüber den Staatsschützerndie "extensive Erfassung" von Straftaten kritisiert,weil diese "die Wirklichkeit verzerren".

CDU-Innenexperte Holger Stahlknecht reagierteentsetzt auf die neuen Vorwürfe: "Im Interesseder Polizei und des Landes hoffe ich, dasses sich nur um Vermutungen und nicht um Tatsachenhandelt." Gudrun Tiedge (Linke) hält GratziksAussage "für glaubwürdig und erschreckend".SPD-Innenpolitiker Bernward Rothe nannte dieAnschuldigungen "schwerwiegend", geht aberdavon aus, dass es sich dabei um ein Problemder Dessauer Direktion und nicht der Polizeides ganzen Landes handele.