Sachsen-Anhalt Sachsen-Anhalt: Ein Abgeordneter, zwei Rollen?
MAGDEBURG/MZ. - In Teilen der Landes-CDU rumort es. Thema auf den Fluren und hinter verschlossenen Landtagstüren ist der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Holger Stahlknecht. Der Rechtsanwalt vertritt seit vergangener Woche den unter dem Verdacht der Bestechlichkeit stehenden Landrat des Jerichower Landes, Lothar Finzelberg (parteilos). Fraktionsmitglieder - die nicht namentlich genannt werden wollen - sehen die Gefahr einer Interessenkollision, was der ehemalige Staatsanwalt Stahlknecht für unbegründet hält.
Finzelberg wird vorgeworfen, einer Betreiberfirma von Mülldeponien im Jerichower Land zu Genehmigungen verholfen und dafür Geld erhalten zu haben. Finzelberg bestreitet die Anschuldigungen, er ist vorübergehend seines Dienstes enthoben worden.
"Dass sich Stahlknecht in dieser Sache als Anwalt eingeschaltet hat, sorgt bei vielen für Unmut", heißt es aus Fraktionskreisen. So wird darauf verwiesen, dass es wegen des Müllskandals auch heftige Kritik am Umwelt- und am Wirtschaftsministerium gegeben habe - die von den CDU-Politikern Hermann Onko Aeikens und Reiner Haseloff geführt werden. Auch vertrage sich das Mandat als Rechtsanwalt in einem solch brisanten Fall nicht mit Stahlknechts Funktion als justizpolitischer Sprecher seiner Fraktion. Nach MZ-Informationen sollen ihm Fraktionsmitglieder davon abgeraten haben, Finzelberg zu vertreten.
Stahlknecht wies gestern gegenüber der MZ Befürchtungen zurück, es gebe eine Vermischung seiner Rolle als Abgeordneter und als Rechtsanwalt. Nicht der Müllskandal sei Gegenstand seines Mandats. Er verteidige Finzelberg lediglich gegen den Vorwurf, dass er Geld erhalten habe. Dies stehe in keiner Weise seiner Funktion als Abgeordneter entgegen.
Landtagsabgeordnete können neben ihrem Mandat eine berufliche Tätigkeit ausüben, sofern sie diese der Landtagsverwaltung anzeigen. Stahlknecht hatte mit der Übernahme des Falls Finzelberg umgehend die Führungsspitze der CDU in Kenntnis gesetzt. Außerdem informierte er Landtagspräsident Dieter Steinecke in einem Brief. Darin hatte Stahlknecht angekündigt, sich in Anlehnung an die Verhaltensregeln für Abgeordnete für befangen zu erklären und die jeweilige Sitzung zu verlassen, sollte der Fall Finzelberg in den Landtagsausschüssen Inneres oder Recht thematisiert werden. Stahlknecht ist Vorsitzender im Innenausschuss und Mitglied im Rechtsausschuss. "Die Übernahme des Mandats erfolgte nach vorheriger sorgfältiger Abwägung." Stahlknecht verweist weiter darauf, dass er weder im Umweltausschuss noch in dem in Sachen Müllskandal eingerichteten Untersuchungsausschuss sitze.
CDU-Fraktionsvorsitzender Jürgen Scharf sprach gestern von einem korrekten Vorgehen. Alle Regeln, die es zu beachten gelte, seien eingehalten worden. "Ich denke es ist alles richtig gemacht worden."