Wer spitzelt im Rathaus Teutschenthal? Wer spitzelt im Rathaus Teutschenthal?: Kameras und verwanzte Telefone gefunden
Teutschenthal - Das Haus der Stadtverwaltung in Teutschenthal (Saalekreis) ist ein trister Bau. Hinter der ockerfarbenen Fassade sind Aufregung und Verunsicherung bei den Mitarbeitern groß. Am Freitag wurden in zwei Büros illegal installierte Kameras sowie verwanzte Telefone gefunden.
„Die betroffenen Angestellten hatten die Technik entdeckt. Ich habe daraufhin mit drei Mitarbeitern die Räume kontrolliert und die Türschlösser austauschen lassen. So haben wir den Status quo vorerst erhalten, bis entschieden wird, wie es nun weitergeht“, sagte am Sonntag Bürgermeister Ralf Wunschinski (CDU) der MZ.
Im Rathaus Teutschenthal herrsche ein massives Misstrauen untereinander
Es klingt wie ein Kriminalroman. Nach MZ-Informationen sollen Mitarbeiter der Verwaltung schon länger befürchtet haben, abgehört und ausgespäht zu werden. Im Rathaus herrsche ein massives Misstrauen untereinander. Mitarbeiter hätten sich deshalb zum Teil an abhörsichere Orte begeben, heißt es.
Wer steckt hinter der Spitzelei in den Büros? „Es gibt einen Verdacht gegen einen Mitarbeiter. Ich habe seine Zugriffsrechte auf unser IT-System abschalten lassen“, erklärt der Bürgermeister. Welche Ämter ausspioniert worden sind, will Wunschinski nicht sagen. Auch nicht, wie viele Personen in der 40 Mitarbeiter zählenden Verwaltung ausgespäht wurden. „Wir haben sofort alle notwendigen Schritte eingeleitet. Ich kann nur sagen, dass ich zutiefst entsetzt bin. Etwas Vergleichbares habe ich noch nicht erlebt“, erklärte Wunschinski. Ansonsten wolle er sich an Spekulationen nicht beteiligen.
Tatsächlich bleiben viele Fragen, auf die der Bürgermeister eine Antwort finden muss. Handelt es sich um einen Einzeltäter oder gibt es Auftraggeber? Wie lange waren die versteckten Kameras aktiv? Wurden Bild- und Tonaufnahmen gespeichert? Wird der Bürgermeister Polizei und Staatsanwaltschaft in die Ermittlungen einschalten?
Illegales Ausspähen: Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe drohen
Laut Strafgesetzbuch ist das illegale Ausspähen von Daten ein Vergehen, das bei einer Verurteilung mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe geahndet wird. Vermutlich dürfte sich auch der Landesdatenschutzbeauftragte von Sachsen-Anhalt für den im Raum Halle bislang einmaligen Fall interessieren.
Dabei kann eine Videoüberwachung von Arbeitsplätzen zulässig sein, allerdings gelten dafür hohe Hürden. Generell gilt: Heimlich ist das Bespitzeln verboten. Angestellte und in öffentlich zugänglichen Gebäuden auch die Besucher müssen auf installierte Kameras hingewiesen werden.
Der Arbeitgeber muss zudem nachweisen, dass der Grund der Überwachung schwerer wiegt als das schutzwürdige Interesse der Betroffenen. Firmen setzen intern Kameras beispielsweise ein, um Diebstähle aufzuklären. Das Ausspähen von Mitarbeitern in Verwaltungen auszuspähen ist hingegen selten. 2009 waren in Stuttgart die Daten von 1 600 Angestellten ohne Ankündigung gefilzt worden, um mögliche Fälle von Korruption aufdecken zu können. Die Empörung war damals groß. (mz)