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Burgherren in Burgliebenau Tag der Offenen Schlösser: So lebt Familie Prasse in der Bischofsburg Burgliebenau

05.06.2017, 09:00
Dagny und Matthias Prasse mit Söhnchen Johann vor ihrer Bischofsburg in Liebenau.
Dagny und Matthias Prasse mit Söhnchen Johann vor ihrer Bischofsburg in Liebenau. dpa

Burgliebenau - Matthias Prasse verbindet mit seiner Bischofsburg vor allem eins: 2.400 Quadratmeter Linoleum. Jeden Fetzen hat er selbst vom Boden gekratzt und entsorgt. Die Mühe hat sich gelohnt. „Darunter waren wunderbare Dielen“, sagt der Burgherr mit der runden Brille und lächelt verschmitzt. Die Anlage in Burgliebenau bewohnen er und seine Frau Dagny seit Februar - mehr als 1.000 Quadratmeter Wohnfläche.

Es ist eine charmante Ruine, die das Herz des Kulturhistorikers (44) und der Verlegerin (32) erobert hat. „Ich habe die Visionen und meine Frau hat den Plan“, ergänzt er.

Tag der Offenen Schlösser am Pfingstmontag: Burg Liebenau ist eine der Stationen

Für den Erhalt der Anlage machen sie privates Geld locker. Immer so viel, wie gerade geht. Am Pfingstmontag ist die Burg eine von elf Stationen beim zweiten „Tag der offenen Schlösser“, den Prasse initiiert hat. Private Schloss,- Burg- und Gutsbesitzer öffnen ihre Anwesen für Besucher. Ums Angeben geht es dabei nicht. „Wir sollten zusammen versuchen, so viele dieser Häuser wie möglich zu retten“, sagt Prasse. „Zum Glück sind diese alten Häuser sehr leidensfähig. Sie können sehr lange auf ihren Gönner warten“, sagt der Vorsitzende des Vereins Historische Häuser und Gärten Sachsen-Anhalt.

Auch Burg Liebenau wurde über Jahre vernachlässigt

Auf seiner Burg hat Efeu das Mauerwerk erobert und sich Hausschwamm breitgemacht. Seit vielen Jahrzehnten hat sich niemand um das Gemäuer gekümmert, das heute nicht mehr aussieht, wie man sich eine Burg so vorstellt. Es wirkt eher wie ein etwas zu groß geratenes Mehrfamilienhaus mit viel zu kleinen Fenstern. „Ein Zuckerbäckerschlösschen für kleine Mädchen ist das nicht“, sagt Burgherr Prasse. Und Liebe auf den ersten Blick sei es auch nicht gewesen. „Der Grundriss ist praktisch. Es war wohl eher eine betriebswirtschaftliche Entscheidung“, sagt er.

Gekauft haben die Prasses ihre Burg von der Gemeinde Schkopau, die die Anlage bereits aufgegeben hatte. Über den Preis wurde Stillschweigen vereinbart, nach einem halben Jahr zäher Verhandlungen. Mit alten Gemäuern kennt sich das Ehepaar aus. Sie haben bereits das Kreuzritter-Gut Buro bei Coswig wiederbelebt, um das sie sich auch weiter kümmern wollen. „Buro ist das Herz“, sagt der 44-Jährige, dessen Spezialgebiet die Revitalisierung von Burgen und Schlösser ist.

Burg Liebenau: Burginneres strahlt wenig Mittelalter, aber viel Wendezeit aus

Jeder einzelne Bruchstein in Burgliebenau atmet Geschichte. Draußen sind die alten Umrandungen des Küchengartens wieder zum Vorschein gekommen, drinnen gibt es nur wenig Historie, aber ganz viel Wendezeit. „Elf Wohnungen waren hier mal drin“, sagt Prasse. „Und ein Kindergarten.“ Deswegen das Linoleum.

Die winzige Burgkapelle war mal ein Jugendclub, wovon noch die in Grün und Orange getünchten Wände zeugen. Irgendwann, sagen die Prasses, wollen sie wieder Kirchenbänke aufstellen.

Zu viele Türen und verlegtes Werkzeug: Wie wohnt es sich in einer Burg?

Ihre privaten Wohnräume hat sich die dreiköpfige Familie im ehemaligen Gesindetrakt eingerichtet. Mitgebracht haben sie geerbte Möbel und jede Menge Ahnenporträts. Und wie wohnt es sich so? „Immer zu kalt und zu lange Wege“, sagt die 32-jährige Burgbesitzerin. „Ich weiß gar nicht, wie viele Türen es bis zur Toilette sind.“ Wichtig sei, sagt Dagny Prasse, dass man niemals irgendwo etwas liegenlässt. „Man findet es einfach nicht wieder.“

Sie selbst habe schon aufgehängte Wäsche vergessen und ihr Mann Werkzeuge verlegt. Es sei zwar ein Haus mit Würde, aber mit einnehmenden Charakter.

Obwohl noch meilenweit von einer Komplettsanierung entfernt, haben die Prasses ihr Haus von Anfang an für Besucher geöffnet. Regelmäßig gibt es Konzerte, Theater und Lesungen. „Wir haben saubergemacht und die Leute reingelassen. Unsere Botschaft war von Anfang an: Unsere Türen stehen offen. Alle können Teil des großen Ganzen sein.“ (dpa)