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Problem mit Nest auf Strommast Storchen-Paar in Horburg-Maßlau muss umziehen - doch wohin?

Den südlichen Saalekreis haben mehr Störche angeflogen, als es Nester gibt. Im Nabu herrscht Uneinigkeit, ob schnell Abhilfe geschaffen werden sollte.

28.04.2021, 11:00
Im Merseburger Ortsteil Werder hat dieses Storchenpaar auf einem Strommast direkt an einer großen Baustelle ein Nest gebaut.
Im Merseburger Ortsteil Werder hat dieses Storchenpaar auf einem Strommast direkt an einer großen Baustelle ein Nest gebaut. Foto: Diana Dünschel

Horburg-Masslau/Werder - Der südliche Saalekreis erlebt 2021 einen Storchen-Ansturm. Doch nicht für alle Adebare, die ein Zuhause auf Zeit suchen, gibt es etwas Passendes. So wollen Pärchen in Horburg-Maßlau und im Merseburger Ortsteil Werder partout auf für sie ungeeignete Strommasten. Während ein Teil der Mitglieder im Nabu-Regionalverband Merseburg-Querfurt Abhilfe schaffen will, sieht das Nabu-Mitglied und Storchenbeauftragter Arnulf Ryssel kritisch.

Zu viele Nester in der Umgebung: Schwierigkeiten für Zuhause des Storchen-Paares

Er berichtet, dass in Horburg-Maßlau bisher alle Versuche der Weißstörche, ein Nest zu bauen, schief gingen. Alle Äste fielen auf die Drähte und nach unten. Der Netzbetreiber habe nun aus Sicherheitsgründen neue Isolatoren und einen Abweiskegel auf dem Mast angebracht. Einwohner seien daraufhin an ihn mit der Bitte herangetreten, ein Storchennest im Ort zu bauen. Das müsse er aufgrund von Futtermangel jedoch ablehnen, sagt Arnulf Ryssel.

Denn in der näheren Umgebung gebe es schon brütende Storchenpaare in Kleinliebenau, Schkeuditz-Süd, Dölzig und Zöschen. In diesem Bereich sei zudem feuchtes Grünland Mangelware, das Störche aber brauchen, um dort Regenwürmer, Großinsekten wie Heuschrecken, Wühl- und Feldmäuse oder Aas zu erbeuten. Wegen dieser Nahrungsknappheit befürchte er, dass viele Junge nicht überleben.

Junges Storchen-Paar baut erstmals ein Nest

„Aus diesen Gründen ist es nicht zielführend, in der Gegend noch ein weiteres Storchenpaar künstlich anzusiedeln“, sagt der Storchenbeauftragte. Im Fall von Horburg-Maßlau handele es sich wohl um ein junges Paar, das erstmals ein Nest bauen und brüten will. Jetzt, Ende April, sei es aber schon zu spät für den Nestbau, das Eierlegen, das Brüten und die Aufzucht der Jungen. „Das Paar wird sich sicher wieder im nächsten Jahr treffen und an geeigneter Stelle im zeitigen Frühjahr zur Brut schreiten“, ist er überzeugt.

Martina Hoffmann, ebenfalls Mitglied im Nabu-Regionalverband, sieht das anders. Die Störche hätten sich zum einen die Region angeguckt und für geeignet befunden, hier den Sommer zu verbringen und Nachwuchs aufzuziehen, sagt sie. Zum anderen habe so ein Storchennest auch eine Funktion für ein Dorf. Die Bewohner seien stolz darauf.

Großen Probleme für den Weißstorchschutz ist Mangel an geeigneten Flächen zur Nahrungssuche

Der Nabu würde sich jedenfalls an Ersatznistmöglichkeiten beteiligen. „Der Weißstorch ist eine besonders geschützte Vogelart und eine Bereicherung. Mehrere Bürger haben sich an den Nabu und an mich als Grüne gewandt, um das Storchenpaar und sein Nest zu retten.“ Das wolle sie auch gern tun. Doch der Strommast sei nicht vorschriftsmäßig isoliert. „Der Energieversorger ist also verantwortlich, für eine Ersatznistmöglichkeit zu sorgen.“ Der Nabu sei bereit, einen Anteil beizutragen.

Ja, eines der großen Probleme für den Weißstorchschutz sei der von Arnulf Ryssel angesprochene Mangel an geeigneten Flächen zur Nahrungssuche. Viel Grünland sei in den letzten Jahrzehnten umgebrochen und in Acker umgewandelt worden, viele Gewässer seien seit Jahren weitgehend ausgetrocknet.

Storchenpaar in Werder nistet erfolgreich auf Strommast

Doch: „Ein neues Storchenpaar im Dorf kann ein guter Start für die Einwohner sein, sich mit den landwirtschaftlichen Flächen ums Dorf herum zu beschäftigen und zu schauen, was getan werden kann, um diese Flächen ökologisch aufzuwerten.“ Die Initiative „fairpachten“ des Nabu unterstütze etwa Verpächter bei der Formulierung von nachhaltigen und ökologischeren Pachtverträgen für eine zukünftig naturfreundliche Landwirtschaft.

Im Werder scheint die Situation nicht ganz so prekär zu sein. Dort ist es einem Storchenpaar gelungen, auf einem Strommast ein Nest zu bauen. Dort sitzen die beiden nun und lassen sich auch von einer großen Baustelle direkt unter ihnen nicht stören. Vielmehr scheinen sie fröhlich klappernd den Arbeitern zuzusehen. Arnulf Ryssel hebt aber auch in diesem Fall warnend den Zeigefinger. Auch dieses Nest sei problematisch aufgrund des Standortes und des mangelnden Futters. (mz/Diana Dünschel)