Schwimmen Schwimmen: Mit 15 Tafeln Schokolade im Koffer nach Bulgarien
MERSEBURG/MZ. - Von Aufregung aber keine Spur. "Ich war in den letzten drei Jahren jeweils schon für zwei Wochen zum Training in Italien", erzählte sie. Das Ziel Bulgarien stimmte sie allerdings nicht sehr fröhlich.
"Abgesehen davon, dass wir nicht viel Zeit haben werden, uns die Umgebung anzuschauen, gibt es dort nicht viel zu sehen", schmunzelte sie. Anders sei das in Italien gewesen, wo man mal einen Abstecher nach Venedig gemacht hat. "Aber ich flieg ja dorthin um zu trainieren und weiterzukommen", fügte Mandy dann ehrgeizig an. Im Koffer: neben Schwimmanzügen, Schwimmutensilien und Kuschelkissen auch 15 Tafeln Schokolade. "Auf Anraten meiner Trainer, wegen der Höhe, aber auch weil ich Schokolade mag", meinte Mandy etwas verlegen.
Zunehmend größer werden die sportlichen Ansprüche an die junge Merseburgerin. "Neben ansonsten nur älteren Sportlern, die mit ins Höhentrainingslager fliegen, ist Mandy das Nesthäkchen", erzählte Mutter Kerstin. "Es wird erstmals getestet wie sie die Höhenluft verträgt. Gleichzeitig dient es der Vorbereitung für die deutschen Jahrgangsmeisterschaften und die Jugend-Europameisterschaften." Denn dort will Mandy in diesem Jahr richtig durchstarten.
Auf sich aufmerksam gemacht hat sie schon 2010. Die 1996 geborene ist derzeit die Jahrgangsbeste in Deutschland über die Strecken 100 und 200 Meter Rücken. Bis dahin war es für sie aber ein langer Weg mit Entbehrungen. "Mandy war noch keine drei Jahre, da hat sie schon das Seepferdchen abgelegt", erinnerte sich ihre Mutter. Und schon da sei sie auf dem Zettel von Schwimmtrainern aus Halle gelandet. "Dafür war es dann doch ein wenig zu früh." So meldeten Kerstin und Frank Feldbinder ihre Tochter, sowie den Zwillingsbruder Daniel, mit fünf Jahren beim Schwimmverein Merseburg an. Denn dort hat Mutter Kerstin selbst mit dem Schwimmen begonnen und ist heute noch Übungsleiterin. 2007 wechselten die Zwillinge dann auf die Sportschule nach Halle, um dort intensiv fünfmal die Woche zu trainieren und sich für Wettkämpfe am Wochenende fit zu machen. "Sie wollen das beide zusammen durchziehen, auch wenn Mandy zur Zeit die erfolgreichere ist", sagte Kerstin Feldbinder. "Das spornt mich umso mehr an", hakte Daniel gleich ein. Zeit für Freunde haben beide kaum. Morgens um 5.30 Uhr werden sie von ihrer Mutter nach Halle zur Schule gebracht, 19 Uhr wieder abgeholt. "Sie fallen manchmal todmüde ins Bett", so die Mutter. Probleme mit den Leistungen in der Schule gebe es aber nicht, da sich beide gut ergänzen und helfen.
Was die Eltern der beiden aber bedrückt, sind die finanziellen Belastungen, die durch den sportlichen Erfolg immer wieder auf sie zukommen. "Wir müssen den größten Teil der Reisekosten selbst tragen", so Kerstin Feldbinder. Für Mandy als Kadersportlerin gebe es zwar einen geringen Zuschuss, aber der sei gar nichts gegen den Eigenanteil, den die Eltern aufbringen müssen. Vater Frank arbeitet als Maler, Kerstin Feldbinder ist Deutsch- und Russischlehrerin an der Sekundarschule Schkopau. 450 Euro kostet das Trainingslager in Bulgarien. Kürzlich war Daniel im Skilager der Sportschule - Eigenanteil 400 Euro. Im April fährt Mandy zum Training nach Mexiko - Kosten 700 Euro. "Es wäre schade, wenn die sportliche Entwicklung, die wir jahrelang auf einen guten Weg gebracht haben, am Geld scheitert", sagte Mutter Kerstin. "Vielleicht findet sich ja ein Sponsor, der auch Einzelsportler unterstützt", hofft sie.
Am Donnerstagabend gab es für Mandy noch ein Abschiedsgeschenk, wie jedes Mal wenn eines der beiden Kinder auf die Reise geht - diesmal ein gemeinsames Abendessen in einer Gaststätte. Die nächsten drei Wochen kommunizieren die Feldbinders mit Mandy nur über Telefon oder Internet.