„Mehr regionale Produkte" Niederländer züchten eine alte DDR-Schweinerasse in Gimritz
Wettin-Löbejün
Niederländer züchten alte DDR-Schweinrasse seit 2018
Wer schon einmal in Holland Urlaub gemacht hat, erkennt gleich alles wieder: die großen Gouda-Laibe, die in den Niederlanden unvermeidliche Pommes-Sauce „Joppiesaus“, die Schokostreusel, die Stroopwaffeln oder die Spekulatiuscreme. Im Holland-Laden von Caroliene Uwland in Gimritz gibt es aber nicht nur die typischen Produkte aus ihrem Heimatland, sondern ein ganz klassisches DDR-Produkt: Fleisch vom Leicoma-Schwein.
Die Rasse, benannt nach den Orten Leipzig, Cottbus und Magdeburg, war vom Aussterben bedroht, obwohl sie hervorragendes Fleisch bietet: 2012 gab es nur noch einen einzigen Züchter. Deshalb startete das Informations- und Koordinationszentrum Biologische Vielfalt (IBV) einen Aufruf und suchte nach interessierten Züchtern. Caroliene Uwlands Mann Wouter war einer von ihnen. Im Sommer 2018 kaufte er die ersten fünf Tiere. Mit Hilfe von eingefrorenem Sperma von Leicoma-Zuchtebern, das das Land zur Verfügung stellte, konnte der Anfangsbestand vermehrt werden. Mittlerweile werden zehn bis 30 Leicomas pro Woche geschlachtet und sowohl im Holland-Laden als auch in sieben Fleischereien in Sachsen-Anhalt vermarktet.
Große Schweinezuchtanlagen sind keine Zukunft für Niederländer
„Mehr regionale Produkte, das ist unser Wunsch“, sagt Caroliene Uwland. Auch die Nachverfolgung und Transparenz bei Zucht und Schlachtung ist dem Ehepaar wichtig: Deswegen bringt Wouter Uwland die Tiere selbst mit einem Lastwagen zum Schlachter. Ein Leipziger Fleischereibetrieb verarbeitet das Fleisch zu Wurst weiter, die dann im Holland-Laden neben Koteletts und andern Stücken verkauft werden.
„Mein Mann und ich glauben nicht, dass große Schweinezuchtanlagen die Zukunft sind. Wir möchten mehr regionale Produkte“ sagt die Geschäftsfrau. Gesunde Tiere seien ihnen wichtig - ohne Antibiotika. „Wir sind vor sieben Jahren nach Deutschland gezogen, weil mein Mann schon immer Schweine züchten wollte“, erzählt die 39-Jährige. In den Niederlanden gebe es aber zu viele Schweinezuchtbetriebe, „alle sechs Kilometer einen“, beschreibt sie die Situation.
Niederländisches Ehepaar eröffnet Holland-Laden
Vor sieben Jahren kaufte das Ehepaar deswegen den Landwirtschaftsbetrieb im Saalekreis und ist glücklich. „Das Landleben hier ist schön!“, sagt Caroliene Uwland, die mit dem Umzug auch ihren Job als Dozentin an einer Agrarfachhochschule aufgegeben hat. Anfangs verkaufte das Paar holländischen Käse und Pommes aus einem Verkaufswagen heraus - mittlerweile steht der Wagen nur noch dreimal die Woche in Beidersee. Stattdessen öffnet der Holland-Laden seit Dezember nun dienstags, donnerstags, freitags und samstags.
Trotzdem soll das Unternehmen nicht groß und größer werden. „Wir haben zwei Mitarbeiter im Stall, das reicht uns“,sagt Caroliene Uwland. Nicht das Wachstum, sondern weitere Verbesserungen der Zuchtanlage seien das Ziel. So sollen weitere Auslaufmöglichkeiten ausgebaut werden, doch dafür muss Geld reinkommen. Alles, was verdient wird, investiert das Ehepaar wieder. „Nur durch Wirtschaftlichkeit bleibt die Rasse bestehen. Durch das Aufessen, also den Verkauf, wird die Rasse geschützt. Fehlt die Nachfrage nach dem Fleisch, wird die Rasse nicht weitergezüchtet“, macht Caroliene Uwland deutlich.
Doch auch ohne Werbung scheint das Konzept aufzugehen. Durch den Verkaufswagen sind die beiden Holländer bekannt, so dass auch der Holland-Laden immer gut besucht ist. Den Verkauf des Leicoma-Fleisches haben sie vor gut einem Jahr langsam gestartet. „Vor allem durch Mund-zu-Mund-Propaganda“, sagt Caroliene Uwland. Denn: „Wir müssen beweisen, dass es gutes Fleisch ist. Das klappt am besten, wenn es Kunden gegessen haben.“ Aus wenigen Bestellungen sind so viele geworden, dass wöchentlich das Fleisch von zwei Leicomas im Laden weggeht. „Mein Mann hat immer an die Idee geglaubt“, sieht sich dadurch auch seine Frau bestätigt. Mehr Infos unter: www.leicoma.de (mz/Silvia ZÖller)