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Müllautos fahren nicht durch enge Gasse Müllautos fahren nicht durch enge Gasse: Gelbe Tonne sorgt für Stunk

Von Michael Bertram 24.05.2018, 05:00
Weil der Entsorger seine Straße nicht mehr befährt, muss Gunter Schuler seine Gelbe Tonne umherziehen.
Weil der Entsorger seine Straße nicht mehr befährt, muss Gunter Schuler seine Gelbe Tonne umherziehen. Peter Wölk

Schraplau - Wenn Gunter Schuler alle zwei Wochen die Bäckerstraße in Schraplau entlang marschiert, ist der 65-Jährige kaum zu überhören. Mit einem lauten Rumpeln zerrt er eine Gelbe Tonne hinter sich her - keine leichte Aufgabe auf der abschüssigen Strecke hinunter zur Hauptstraße, die sich durch den Ort schlängelt. „Dass ich das machen muss, regt mich total auf“, klagt der Schraplauer, dem jedoch nichts anderes übrig bleibt. Denn um die Leerung der Mülltonnen ist ein Streit entbrannt.

Bis vor wenigen Wochen lief die Müllentsorgung in der Sackgasse mit etwa einem halben Dutzend Anliegern wie bei so ziemlich jedem Haushalt in Deutschland: In regelmäßigen Abständen kamen die mit der Müllentsorgung beauftragten Unternehmen vorbei und fuhren mit ihren Lastwagen rückwärts Haus für Haus an, um nach erfolgter Entleerung der Tonnen wieder auf die Hauptstraße abzubiegen. „Im April wurde dann entschieden, dass das aus Sicherheitsgründen nicht mehr geht und wir die Tonnen bis zur Hauptstraße bringen müssen“, sagt Schuler, der die Welt nicht mehr versteht.

Straße ziemlich eng für die großen Müllfahrzeuge

„Bei einem Vor-Ort-Termin mit den betroffenen Entsorgern EGS und ALL hat sich gezeigt, dass die Straße ziemlich eng ist für die großen Müllfahrzeuge und nach Ansicht der Unternehmen nicht mehr gefahrlos rückwärts befahren werden kann“, erklärt Schraplaus Bürgermeister Frank Birke (CDU) das Problem. Bestärkt in ihrer  Haltung werden die Entsorger zudem durch eine Empfehlung der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, die von Rückwärtsfahrten in Sackgassen abrät.

Unbestätigten Angaben zufolge sollen Unfälle mit Müllfahrzeugen jedes Jahr bis zu 30 Tote fordern. Eine beachtliche Zahl, weshalb die Berufsgenossenschaft und Versicherungen mit Empfehlungen an die Entsorgungsunternehmen reagiert haben. Bereits seit der Wende, in den alten Bundesländern sogar seit 1979, sind Rückwärtsfahrten von Müllfahrzeugen nur in besonderen Fällen erlaubt. Dass derzeit viele Unternehmen verstärkt auf die Einhaltung pochen, könnte daran liegen, dass die Unfallversicherungen im Jahr 2016 die Branchenregeln „Abfallsammlung“ verabschiedet haben. Wird gegen diese Regelungen verstoßen, könnten die Unternehmen bei Unfällen in Regress genommen werden.

Damit wollte sich Schraplaus Bürgermeister jedoch nicht zufrieden geben. „Der Müll muss wie gewohnt entsorgt werden, schließlich sind nicht die Straßen enger, sondern die Müllfahrzeuge immer größer geworden“, betont Frank Birke. Abgesehen davon, dass die Platzverhältnisse längst in den Ausschreibungen für die Müllentsorgung vermerkt und kleinere Fahrzeuge gefordert wurden, besserte die Stadt kurzfristig vor Ort nach.

„Wir waren uns einig, dass das die einfachste Lösung ist“

Mit Pollern garantiert das Rathaus, dass die Sackgasse nicht zugeparkt wird und die Müllfahrzeuge dadurch auch vorwärts in die Bäckerstraße einfahren und an deren Ende wenden können. „Wir waren uns einig, dass das die einfachste Lösung ist“, sagt das Stadtoberhaupt. Doch weit gefehlt. Während sich die EGS damit anfreunden konnte und seit einigen Wochen wieder wie gewohnt Papier, Restmüll und Grünschnitt an den Häusern abholt, stellt sich die ALL nach wie vor quer.

Die MZ hat bei dem Unternehmen mit Sitz in Leipzig nachgefragt. „Die Gefahr, die enge Straße zu befahren, ist zu groß“, sagt Uwe Schmidt von der ALL.  Das Unternehmen störe sich darüber hinaus nicht nur an der Enge der Straße, sondern auch am Zustand der Häuser. „Die haben zu großen Teilen  Risse und auch Dachziegel fallen auf die Straße“, behauptet Schmidt vom Leipziger Müllentsorger. „Ich habe schließlich eine Verantwortung für meine Mitarbeiter.“ Es klingt,  als ob Gunter Schuler die Tonne vorerst weiter durch die Straße ziehen muss. (mz)