NS-Propaganda in Kinderbüchern? Kinderbuchautor Adolf Holst: Gutachten soll Licht in mögliche Nazi-Vergangenheit bringen
Branderoda - Zu der Frage, wie man mit dem in Branderoda geborenen Kinderbuchautor Adolf Holst (1867-1945) und speziell der Kriegspropaganda und NS-Ideologie in seinen Werken umgehen soll, macht der Landkreis jetzt Nägel mit Köpfen.
Nachdem die Diskussion seit gut zwei Jahren läuft und zuletzt in der Forderung gipfelte, die Adolf-Holst-Sekundarschule in Mücheln umzubenennen, ist jetzt ein Wissenschaftler der Uni in Leipzig mit einem Gutachten über den Lyriker und Schriftsteller beauftragt worden.
Das teilte die Saalekreis-Sprecherin Kerstin Küpperbusch der MZ mit, sagte aber nicht, um welchen Fachmann es sich konkret handelt und was das den Kreis kostet. Nur soviel: Ein Ergebnis soll in zwei Jahren vorliegen, informierte sie.
Gutachten zu Adolf Holst weckt Hoffnungen in zwei Orten
Der Branderodaer Ortsbürgermeister Udo Virchow (parteilos) reagierte erleichtert. Eine neutrale Person, die nicht emotional beteiligt sei, gehe jetzt die Sache an, sagte er und äußerte schon mal die Hoffnung auf einen Zwischenbericht nach einer gewissen Zeit. Auch im niedersächsischen Bückeburg, wo Adolf Holst viele Jahre bis zu seinem Tod lebte, kam die Beauftragung des Gutachters gut an.
Heimatgeschichtsforscher Hans Ulrich Gräf, der zuletzt mehrfach die seiner Meinung nach zu unkritische Berichterstattung über Adolf Holst in den niedersächsischen Medien und die bisherige Aufarbeitung des Holst-Werkes durch das dortige Landesarchiv und das Stadtmuseum kritisierte, verbindet große Hoffnungen mit dem Ergebnis.
Gutachten zu Adolf Holst: „Es geht nicht darum, allen Seiten gerecht zu werden.“
„Es geht nicht darum, allen Seiten gerecht zu werden. Es kann nur darum gehen, ob Adolf Holst durch seine Bücher abseits der unbelasteten und unkritischen Kinderbücher in der Kaiserzeit im Dritten Reich nationalsozialistisches Gedankengut verfolgt und verbreitet hat und es daher hinreichenden Anlass gibt, sich von ihm als erzieherisches Vorbild zu distanzieren“, hatte Hans Ulrich Gräf zuvor geäußert. Nun meinte er, es solle nur am Ende etwas herauskommen, das der objektiven Wahrheitsfindung diene. „Wir wollen ja ein Ergebnis mit wissenschaftlichem Bestand.“
Der Vorsitzende des Heimatvereins Branderoda, Klaus Popko, hatte schon im August 2017 auf ein Gutachten gesetzt. „Das ist die Chance, sich mit Holst sachlich auseinanderzusetzen“, sagte er. (mz)