Großtante erinnert sich Großtante erinnert sich: NFL-Footballer Equanimeous St. Brown hat Wurzeln im Saalekreis

Friedensdorf - Dicke graue Wolken hängen bedrohlich tief am Himmel über Friedensdorf im Saalekreis. Das kleine Örtchen in der Aue unweit von Merseburg wirkt an diesem Morgen verschlafen. Kein Mensch ist zu sehen, kein Auto passiert die wenigen Straßen. Einzig Sieglinde Zeising scheint auf den Beinen, die auf dem Hof ihres Hauses unweit der Kirche freudig die Reporter empfängt. „Kommen Sie rein, was wollen Sie denn wissen“, ruft die 85-Jährige zur Begrüßung und bittet in ihr Haus.
Weder dem Dorf noch der gemütlichen Stube ist anzusehen, dass drei der größten Talente im American Football hier ihre Wurzeln haben: Osiris, Amon-Ra und Equanimeous St. Brown sind Zeisings Großneffen und auch ihr ganzer Stolz. Der älteste der Brüder hat in diesem Sommer den ganz großen Sprung geschafft: Der 22-jährige Equanimeous - Zeising nennt ihn bloß „Nimmi“ - spielt seine erste Saison in der US-Profiliga NFL bei den Green Bay Packers im US-Bundesstaat Wisconsin. „Das ist wirklich toll, dass er das geschafft hat“, sagt Sieglinde Zeising, die die Karriere der drei Jungs intensiv verfolgt.
Equanimeous St. Brown war als Kind jeden Sommer im Saalekreis
Geboren und aufgewachsen sind die drei Brüder zwar in den Vereinigten Staaten. Dank ihrer Mutter Miriam ist die Verbindung nach Deutschland aber stets intakt geblieben. „Bis zum Jahr 2015 kamen sie jeden Sommer zu Besuch, das sind wirklich schöne Erinnerungen, die ich daran habe“, zeigt sich Sieglinde Zeising berührt.
Während Zeising, die 17 Jahre lang die Mitteldeutsche Zeitung austrug, ihr ganzes Leben in Friedensdorf verbracht hat, verschlug es ihre Nichte Miriam und deren Bruder Mike in die USA. Miriam heiratete dort John Brown, einst ein erfolgreicher Bodybuilder, der sogar zweimal „Mister Universe“ wurde.
Steyer legte ihren Mädchennamen nicht ganz ab – er floss in den Namen St. Brown ein. „Ich bin meiner Nichte sehr dankbar, dass sie sich so bemüht hat, den Kontakt zu halten“, sagt Zeising, die einen Moment nie vergessen wird: Als sie das erste Mal mit „Nimmi“ zu Besuch kam. „Da war er gerade einmal acht Monate alt.“
NFL-Profi Equanimeous St. Brown - ein Rabauke, der im Beet spielte
Im Dorf fallen die drei Brüder auf. „Meistens haben sie aber hier auf dem Hof gespielt oder im Garten“, erinnert sich die Großtante. Die Seniorin zieht einige Fotos aus dem Stapel, der vor ihr auf dem Tisch liegt. Sie zeigen „Nimmi“ mit Nuckel im Mund, drei Rabauken, die in eine Mülltonne gekrabbelt sind oder wie die Jungs auf einem Beet sitzen und mit Schaufeln in der Erde graben.
Im Frühjahr dieses Jahres kehrte Zeising den Spieß um - sie flog in die Staaten, um ihre Verwandten zu besuchen. „Dort ist alles so groß“, sagt sie. Insbesondere mit Blick auf ein Football-Stadion, das sie in Boston gesehen hat. „Unglaublich, dass Nimmi vor so vielen Menschen spielt.“
In drei Partien kam Equanimeous in dieser Saison bereits zum Einsatz und zeigte solide Leistungen. Er spielt als sogenannter Wide Receiver, nimmt also Pässe an und verwertet diese im besten Fall zu Punkten. Bis zum Super-Bowl, dem Finale der NFL, einem der größten Sportereignisse der Welt, ist es für den Nachwuchsspieler aber noch ein weiter Weg.
Equanimeous St. Brown - in Friedensdorf war er oft in der Natur unterwegs
American Football ist auch in Deutschland im Kommen. Auch wenn die Spielregeln sehr komplex sind. „Wirklich verstanden habe ich aber auch noch nicht, was die Jungs im Detail machen müssen“, sagt Sieglinde Zeising, die von ihren Großneffen immer nur „Linde“ gerufen wird. Versuche, ihr die Regeln zu erklären, hätten die Football-Experten bei den Besuchen in Friedensdorf aber auch nicht unternommen. „Sie spielten lieber in der Natur und mit Tieren“, sagt sie. (mz)
