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Fundplätze der späten Bronzezeit Fundplätze der späten Bronzezeit: Was Archäologen gesucht und gefunden haben

Von Anke Losack 20.09.2019, 05:00
Enrico Paust, Leiter der Grabungen bei Kuckenburg, zeigt Scherben, die dem frühen Mittelalter und der späten Bronzezeit zugeordnet werden.
Enrico Paust, Leiter der Grabungen bei Kuckenburg, zeigt Scherben, die dem frühen Mittelalter und der späten Bronzezeit zugeordnet werden. Katrin Sieler

Kuckenburg - Von dem sensationellen Fund einer Kirche, auf den Archäologen im vergangenen Jahr am Kranzberg bei Kuckenburg gestoßen sind, ist an der Grabungsstelle nichts mehr zu sehen. Die Flächen wurden verfüllt, die Natur hat das Übrige getan. Doch sind die archäologischen Grabungen auf dem Berg, auf dem einst die Burg Kuckenburg stand, längst nicht beendet.

Jetzt wurde dort erneut nach Zeugnissen der Geschichte gesucht. Ein Team um Projektleiter Peter Ettel, Professor für Ur- und Frühgeschichte der Universität Jena, und Grabungsleiter Enrico Paust ist wieder auf wichtige Funde und Erkenntnisse gestoßen.

„Wir hatten hier noch kein Jahr ohne Skelette“

„Wir hatten hier noch kein Jahr ohne Skelette“, sagt Paust. Seit zehn Jahren ist er an dem Lehr- und Forschungsprojekt beteiligt, das vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt begleitet wird. Auch diesmal wurden neben anderen Funden wieder menschliche Überreste entdeckt. Genau dort, wo die Archäologen sie vermutet hatten.

Auf einer Fläche von fünf mal acht Metern ist ein spätbronzezeitlicher Befestigungsgraben einer Siedlung ergründet worden. „Um zu erfahren, wie tief die Verfüllung ist und was drin liegt“, erklärt Paust. Bei vorangegangen Grabungen an einer anderen Stelle des Grabens hatten die Archäologen Menschenschädel auf der Sohle gefunden. „Da war für uns die Frage: Ist das nur eine Momentaufnahme oder können wir das über einen größeren Bereich des Grabens nachweisen.“

„Hier haben wir nun auch Menschenknochen drin liegen“

Möglichst weit weg von der Stelle wurde diesmal eine Fläche untersucht. „Hier haben wir nun auch Menschenknochen drin liegen“, sagt der Grabungsleiter und zeigt Fragmente von Becken und Schulter. Die Funde lassen die Archäologen darauf schließen, dass der Graben - nachdem er Befestigungsgraben war - wohl verwendet wurde, um menschliche Reste in der Verfüllung niederzulegen. „Ob bestattet oder entsorgt, das kann man nicht sagen“, so Paust. Es sei sehr wahrscheinlich, dass über die ganze Fläche des Grabens Skelette oder Teile davon liegen.

Allein mehr als 250 Skelette sind bei archäologischen Grabungen nahe Kuckenburg seit 2005 entdeckt worden. Darin inbegriffen sind auch die Funde vom Denkmalamt bei Grabungen im Zuge des Baus der Autobahn 38, wo man auf eine Siedlung und ein Gräberfeld stieß. Diese bilden zusammen mit der Höhensiedlung auf dem Kranzberg ein Ensemble, erklärt Projektleiter Peter Ettel.

Kirche und angrenzende Grubenhäuser

Alle Funde, die die Archäologen in den vergangenen Jahren und auch jetzt wieder auf dem Plateau entdeckt haben, lassen den Schluss zu, dass in mehreren Phasen Menschen dort gelebt haben. Die zuletzt entdeckte Kirche und angrenzende Grubenhäuser werden dem frühen Mittelalter zugeschrieben. Wie Paust sagt, konnte dies jetzt erneut bestätigt werden.

Direkt neben dem damaligen Grabungsfeld der Kirche ist ein weiteres Grubenhaus mit Ofenkonstruktion aufgedeckt. „Es beinhaltet Keramik, die wir in die Zeit datieren können.“ Er zeigt Brandscherben von Gefäßen, außerdem zwei dünne Ringe aus Knochen. „Sie stammen aus der Feuerstelle des Grubenhauses“, so Paust zu diesem Fund. Mehr könne er zu den Ringen noch nicht sagen. Sie sollen analysiert werden.

Projektteam umfasst mittlerweile zehn Personen

Das Projektteam umfasst laut dem Grabungsleiter mittlerweile ungefähr zehn Personen. Zwei neue von der Doktorandenschule, die die Uni gemeinsam mit dem Max-Planck-Institut betreibt, sind jüngst dazu gekommen. Eine Doktorandin beschäftigt sich mit DNA- und Isotopenanalysen. Sie untersucht Skelette. Eine zweite forscht im Bereich Archäobotanik, wertet Bodenproben unter anderem auf Pflanzenreste aus. „Denn wir haben noch sehr viele Fragen“, sagt Paust und nennt als Beispiel: Welche Pflanzen sind in der späten Bronzezeit (9./10. Jh. v. Chr.) und im frühen Mittelalter (9./10. Jh. n. Chr.) auf dem Kranzberg gewachsen?

Wie der Grabungsleiter sagt, ist der Fundort bei Kuckenburg einer der wichtigsten für die späte Bronzezeit, den es derzeit in Mitteldeutschland gibt. „Auch in dieser Größe und Dimension“, sagt er und zeigt in Richtung einer Autobahnbrücke bei Dornstedt. Dass da noch Siedlungsgruben sind, sei mit Hilfe einer geomagnetischen Untersuchung festgestellt worden. „Wir wissen aber nicht, ob es da noch bronzezeitlich ist“, so Paust, „das wollen wir in den nächsten Jahren auch herausfinden.“ Die Archäologen kommen also wieder. (mz)

Auf einer Fläche von etwa fünf mal acht Metern ist ein spätbronzezeitlicher Befestigungsgraben einer Siedlung ergründet worden.
Auf einer Fläche von etwa fünf mal acht Metern ist ein spätbronzezeitlicher Befestigungsgraben einer Siedlung ergründet worden.
Katrin Sieler
In einem Befestigungsgraben wurden Skelettteile entdeckt, hier ein Kreuzbein.
In einem Befestigungsgraben wurden Skelettteile entdeckt, hier ein Kreuzbein.
Katrin Sieler