Flughafen Leipzig/Halle Flughafen Leipzig/Halle: Leben mit dem Lärm

Großkugel/Gröbers - Seit Jahren kämpfen Betroffene rund um den Flughafen Leipzig/Halle für einen ruhigeren Schlaf. Vor Gericht hatten sie bislang kaum Erfolg - auch am Donnerstag nicht. Der Freistaat Sachsen ist demnach nicht verpflichtet, die Nachtflugregelungen am Flughafen zu ändern. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden.
Doch wie lebt es sich in der Einflugschneise des großen Airports? In Gröbers und Großkugel zum Beispiel. Die beiden Saalekreis-Orte gelten wegen ihrer Nähe zum Flughafen als besonders betroffen.
An den Lärm gewöhnt
Brigitte Stoye aus Großkugel hat sich mittlerweile an den nächtlichen Lärm gewöhnt - viele ihrer Gäste dagegen überhaupt nicht. Sie betreibt eine kleine Pension mit 15 Betten. Während in Leipzig das Verwaltungsgericht über ein Nachtflugverbot urteilt, bereitet sie die Kaffeetafel für den monatlichen Rentnerstammtisch vor.
Bei den älteren Herrschaften ist der Fluglärm schon einmal Thema, das größere Problem haben dagegen Touristen und Geschäftsleute, die in der Pension übernachten. „Wir haben Gäste, die nachts um vier aufwachen und nicht mehr schlafen können“, sagt Brigitte Stoye. Einige ihrer Gäste überlegten natürlich schon, ob sie jemals wiederkommen werden. „An manchen Tagen versteht man draußen beim Grillen sein eigenes Wort nicht mehr“, sagt die Pensions-Chefin. Schallschutzfenster gab es nur für die Schlafzimmer - jedoch nicht für den Gastraum.
Nähe zum Flughafen wichtiger als Lärm
Wenige hundert Meter weiter muss Tom Backhaus auch mit dem täglichen und nächtlichen Lärm leben. „Die Arbeitsplätze sind es wert“, meint der Betreiber des Kulturhauses in Großkugel. Von 6.000 Stellen allein bei DHL sei oft die Rede. Sein Vater habe eine Firma am Flughafen. Wenn das Nachtflugverbot gekommen wäre, hätte das für DHL ein riesiges Problem bedeutet, meint er. Wer in Großkugel beispielsweise ein Haus baut, muss einfach mit der Lärmbelastung rechnen. Gerade die Nähe zum Flughafen sei aus beruflichen Gründen trotzdem für einige neue Anwohner wichtig. „Man sieht hier viele, die DHL-Klamotten tragen“, sagt Tom Backhaus.
Der Flughafen Leipzig-Halle gehört gemessen am Passagieraufkommen nicht zu den Top Ten der internationalen Verkehrsflughäfen in Deutschland, sondern rangiert zwischen Hahn und Dortmund auf Platz 13. Er ist allerdings nach Frankfurt/Main zweitgrößter Frachtflughafen.
Passagiere: 2.321975 im Jahr 2015 (minus 0,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr)
Frachtumschlag: 988.240 Tonnen (plus 8,5 Prozent)
Flugbewegungen: 65.061
Betriebszeit: 5.30 bis 23.3 Uhr für Passagierflüge, Nacht-flugerlaubnis für Frachter
Nächtliche Flüge der DHL: 65 pro Nacht
Der Flughafen hat im ersten Quartal dieses Jahres einen Fracht-Rekord erzielt. 248.417 umgeschlagene Tonnen entsprachen einem Zuwachs von 6,3 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum, teilte die Mitteldeutsche Flughafen AG mit. Bei den Fluggästen musste der Airport dagegen ein Minus von drei Prozent hinnehmen: Von Januar bis März wurden 369 025 gezählt. Mit 148 458 Passagieren stieg im März dagegen das Aufkommen im Vergleich zum Vorjahr um 1,7 Prozent. Das hohe Frachtaufkommen entfacht immer wieder die Diskussion um den Fluglärm. Zuletzt hatte sich der Bauausschuss der Stadt Leuna über Lärmbelastung informieren lassen.
Auch im wenige Kilometer enternten Gröbers ist Fluglärm ein Thema. Über den Supermarktparkplatz schiebt Christa Karp ihr Fahrrad - den Korb voll mit Einkäufen. Über dem Dorf rauscht ein Flugzeug - nicht ohrenbetäubend aber spürbar laut. Christa Karp schläft im Sommer sogar mit geöffneten Schallschutzfenstern. Mit dem Lärm, sagt sie, komme sie schon irgendwie klar. „Manchmal stört’s.“ Sorge bereite ihr die Frage, ob Flugzeuge nicht vielleicht Kerosin im Landeanflug ablassen würden.
"Wir können damit leben"
Auch Ines Paukstadt, die ein einem kleinen Lottoladen in Gröbers arbeitet, hat sich schon über einen dünnen Ölfilm in der Regentonne gewundert. Und der Lärm? Die Verkäuferin hinter dem Tresen zuckt mit den Schultern. „Es ist eine Belastung. Aber es sind ja auch Arbeitsplätze. Wir können damit leben.“ Sie ist nicht die einzige, die so denkt.
Mit dem Urteil vom Donnerstag bleibt das Gericht seiner bisherigen Rechtsprechung zum Flughafen treu. Die Nachtflugerlaubnis war in vorangegangenen Verfahren stets bestätigt worden. Auch mit einer Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht sowie beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte hatten die Kläger früherer Verfahren keinen Erfolg. (mz)