EM-Kampf in Weißenfels Dominic Bösel wackelt nur am Ende: Box-Kampf in Weißenfels

Weißenfels - Kurz vor Mitternacht war es soweit. Der Lautstärkepegel in der ausverkauften Weißenfelser Stadthalle erreichte seinen absoluten Höhepunkt, als der Queens-Evergreen „We are the Champions“ aus den Boxen dröhnte, goldsilbernes Konfetti von der Decke fiel und 3.300 Zuschauer ihren Dominic Bösel feierten.
Der hatte seinen italienischen Kontrahenten nach Punkten klar besiegt und präsentierte stolz seinen neuen Europameister-Gürtel.
Dominic Bösel schlägt Italiener Demchenko
Im Hauptkampf der großen SES–Boxnacht um den vakanten Europameistertitel im Halbschwergewicht stand der 28-jährige Lokalmatador Bösel dem zehn Jahre älteren Serhiy Demchenko aus Italien gegenüber. Eine hochinteressante Paarung, da es das Duell der deutschen gegen die italienische Nummer eins im Halbschwergewicht war.
Und die beiden Kämpfer hielten definitiv, was die Ansetzung auf dem Papier versprach und unterhielten die Fans prächtig. Bösel dominierte von Beginn an den Kampf und landete schon in der ersten Runde immer wieder vereinzelte Treffer.
Demchenko, der gebürtig aus der Ukraine stammt, legte einen außergewöhnlichen Boxstil an den Tag. Zumeist komplett aufrecht stehend, wirkte er streckenweise regelrecht unbeteiligt, griff aus dieser Konstellation aber immer wieder überraschend und explosionsartig an. Zu Beginn konnte er durch sehr konsequente und recht hohe Deckungsarbeit etwaige Wirkungstreffer Bösels verhindern.
Dominic Bösel startet Runden mit explosiven Angriffswellen
Demchenko präsentierte sich in den folgenden Runden aktiver und konnte des Öfteren seinerseits Treffer landen. Spätestens ab der vierten Runde aber machte Bösel in jeder einzelnen Runde immer wieder deutlich, wie sehr er doch diesen EM–Titel für sich verbuchen wollte.
Direkt aus der Ringecke kommend, startete er die meisten Runden mit explosiven Angriffswellen. Gerade mit Schnelligkeit konnte er seinen Kontrahenten immer wieder überraschen. Dabei kam des Öfteren auch seine starke rechte Gerade durch und landete Wirkungstreffer. In den meisten Fällen konnte Demchenko diese aber gut wegstecken und kompensieren.
Box-Experte Markus Beyer: „Hut ab vor diesem Gegner“
Auch ein blutender Riss über dem linken Auge des Kontrahenten, den er sich bereits in Runde zwei zuzog und der in den Pausen nach der sechsten und achten Runde in der Ecke intensiv verarztet werden musste, konnte ihn nicht wirklich aufhalten. „Hut ab vor diesem Gegner und dass er zwölf Runden durchgehalten hat“, meinte anschließend auch MDR–Boxexperte und Ex-Weltmeister im Supermittelgewicht, Markus Beyer.
Schon vor dem Kampf hatte er gewarnt: „Ein schwerer Gegner, der kann richtig zuhauen.“ Und das sollte der auch noch unter Beweis stellen dürfen. Nachdem Bösel die ersten acht Runden teilweise äußerst souverän für sich entscheiden konnte, sah der Italiener seine Chancen immer mehr schwinden und begann in der neunten Runde mit einer imposanten Aufholjagd.
Serhiy Demchenko startet Aufholjagd
Ständig im Vorwärtsgang schlagend und kombinierend, zwang er Bösel in die Verteidigung. Während er dieser diese Runde deutlich abgab, konnte er sich mit weiteren Treffern in der zehnten und auch zu Beginn der elften Runde geschickt aus der Affäre ziehen.
Mitte der elften Runde aber gelang Demchenko, der sich nun nur noch im Vorwärtsgang befand und den K.o.-Treffer suchte, ein äußerst harter linker Leberhaken und schlug Bösel kurz danach unabsichtlich auf den Hinterkopf. Schwer beeindruckt von diesem Treffer begab sich Bösel in der letzten Runde nur noch in die Defensive und steckte zahlreiche Treffer des Römers ein.
Dirk Dzemski: „Da werde wir drüber sprechen müssen"
Lediglich eine kurze Schlagserie Mitte der Runde konnte der Sachsen-Anhalter noch für sich verbuchen. Ansonsten versuchte er im Rückwärtsgang nur noch diese letzten drei Minuten zu überstehen. „Ich glaube ohne euch hätte ich diese letzte Runde nicht mehr überstanden“, adressierte Bösel seine Fans in Weißenfels, deren Anfeuerungsjubel insbesondere zum Ende des Kampfes die hiesige Stadthalle regelrecht beben ließen.
Trotz des gewonnenen Titels zeigte sich Bösels Trainer Dirk Dzemski nicht restlos zufrieden. Dabei kritisierte er in erster Linie die letzten zwei Runden seines Schützlings. „Menschlich kann ich das gut verstehen. Er wusste, dass er nach Punkten klar vorn lag und wollte den Kampf nur noch sicher rumkriegen“, so Dzemski, „aber aus sportlicher Sicht kann man das geschickter lösen. Da werden wir drüber sprechen müssen.“ (mz)