"Das ist der neue Servicestandard" "Das ist der neue Servicestandard": Neue Wagen als Lockmittel für die Bahn

Merseburg - „Das ist der neue Servicestandard“, sagte Wolfgang Weinhold und deutete auf das Buffet mit Sekt, Saft und Häppchen, das am Freitag im Fahrradabteil des 11.43-Uhr-Zuges nach Querfurt aufgebaut war. Der für Mitteldeutschland zuständige Regionalleiter der Deutschen Bahn scherzte natürlich. Eine Essensversorgung wird es auch künftig auf den Strecken zwischen Querfurt und Merseburg sowie Weißenfels und Zeitz nicht geben.
Der Service soll ab dem Fahrplanwechsel am 15. Dezember verbessert werden. Dann beginnt auf den Strecken zumindest aus Verkehrspolitischer Sicht eine neue Zeit. Die DB hatte anders als beim übrigen Dieselstreckennetz in Sachsen-Anhalt im vergangenen Jahr den Zuschlag für das sogenannte Elster-Geiseltal-Netz erhalten. Dieses beinhaltet die Strecke Merseburg, Querfurt (Betrieb gesichert bis 2032) sowie die Verbindung zwischen Weißenfels und Zeitz, die bis 2024 gesichert ist.
Schaffner in allen Zügen
Auf beiden Verbindungen kommen mit dem Fahrplanwechsel statt der bisherigen quaderförmigen Triebwagen modernere vom Typ 641 zum Einsatz. Die sind, wie bei der Jungfernfahrt eine Schaffnerin bemerkte, nicht nur leiser als ihre Vorgänger, sondern bieten auch mehr Platz für Fahrräder. Zudem bietet die Bahn in den Zügen nun WLAN an.
Wie Weinhold erklärte, sei die Abdeckung auf beiden Strecken relativ gut, da eine Technik zum Einsatz komme, die die Netze aller drei großen Mobilfunkanbieter nutzt. Mit ihren Handys können Bahnreisende während ihrer Fahrt künftig auch ein DB-Portal im Internet nutzen. Über dieses können nicht nur Nachrichten und Informationen zur eigenen Fahrt abgerufen werden, sondern auch Hinweise zu touristischen Angeboten entlang der Strecke.
15 neue Arbeitsplätze entstanden
Zu denen können vielleicht auch die Schaffner Auskunft geben, die nun wieder in jedem Zug mitfahren sollen. Dadurch seien 15 neue Arbeitsplätze entstanden, berichtete der DB-Regionalleiter. Die Zugbegleiter sollen vor allem aber das Sicherheitsgefühl der Fahrgäste erhöhen und auch Fahrscheine verkaufen – ohne dafür einen Zuschlag zu nehmen.
Dadurch erhofft sich Verkehrsminister Thomas Webel (CDU), mehr Fahrgäste in die Bahn locken zu können, gerade ältere die vielleicht Probleme mit den Automaten hätten und deswegen vor der Zugfahrt scheuten: „Oma Lieschen fährt halt nicht schwarz.“
Fahrgastzahlen waren auf den beiden Strecken in der Vergangenheit ein heikles Thema
Fahrgastzahlen waren auf den beiden Strecken in der Vergangenheit ein heikles Thema, das deren Fortbestand phasenweise in Frage stellte. Weinhold sagt, im Schnitt würde jeder Zug nach Querfurt von etwa 30 Fahrgästen genutzt. In den Spitzen am Morgen seien es mehr, mittags weniger.
Die Verbindung Weißenfels-Zeitz habe insgesamt weniger Nutzer. Auch deswegen hat die Nahverkehrsservicegesellschaft (Nasa) diese Strecke bisher nur bis 2024 vergeben, mit Option auf Verlängerung. Weinhold rechnet damit, dass diese Möglichkeit auch genutzt wird.
Zwölf Millionen Euro pro Jahr
Dafür spricht, dass Webel den Fortbestand der Strecken nicht von den Nutzerzahlen abhängig machen will. Man habe im ländlichen Raum ohnehin wenig Fahrgäste. Wenn man Maßstäbe wie in den Ballungszentren München, Frankfurt oder dem Ruhrgebiet anlegen würde, dürfte man gar keinen Zug mehr fahren lassen. „Wir wollen aber Leute ermuntern vom Auto umzusteigen. Dafür müssen Züge fahren.“
Dazu brauche es aber Geld, betonte der Minister. Allein für das Elster-Geiseltal-Netz schießt das Land jährlich gut zwölf Millionen Euro zu. Webel stört, dass aktuell 31 Millionen Euro Regionalisierungsmittel nicht direkt für den Nahverkehr eingesetzt würden. Ab 2022 dürfen aus seiner Sicht keine eigentlich für den Nahverkehr geplanten Gelder mehr anderweitig eingesetzt werden. Sonst drohten in sieben, acht Jahren Streckenschließungen.
Vorerst haben die Fahrgäste aber Planungssicherheit in der hiesigen Region. Die beiden zur Jungfernfahrt eingesetzten Triebwagen sind ab sofort auf den Strecken unterwegs. Weinhold hofft, dass diese auch mehr Fahrgäste anlocken. (mz)
