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Bis(s Bis(s) zum Morgengrauen: Die Fledermausjäger im Saalekreis

Von Cosima Sophia Hofmann 29.04.2018, 06:00
Mit Ruhe und Präzision befreit Falko Meyer die Fledermaus aus aus dem Fangnetz, um sie wiegen, vermessen und markieren zu können.
Mit Ruhe und Präzision befreit Falko Meyer die Fledermaus aus aus dem Fangnetz, um sie wiegen, vermessen und markieren zu können. Peter Wölk

Wallendorf - Ruhig und friedlich wirkt der Weiher des Naturschutzgebietes in der Nähe von Wallendorf an diesem Frühlingsabend. Vereinzelt ziehen Wasservögel ihre Runden über das Gewässer, irgendwo quaken ein paar Frösche. Zur gleichen Zeit, ein paar Meter entfernt: Falko Meyer und Kathleen Kuhring laden ihre Ausrüstung in Form von Angelruten, Netzen und Werkzeugkoffern aus ihren Fahrzeugen.

Doch die beiden sind nicht etwa zum Angeln gekommen: „Wir sind heute zum ersten Mal in diesem Jahr wieder zum Fledermaus-Fang unterwegs“, sagt Kathleen Kuhring. Für den Arbeitskreis Fledermäuse Sachsen-Anhalt kümmern sich die beiden in ihrer Freizeit ehrenamtlich um den Erhalt von Fledermäusen. Etwa 20 verschiedene Arten gibt es in Mitteldeutschland, einige von ihnen stehen unter besonderem Schutz.

Beim „Fledermauszug-Monotoring“ werden Tiere mehrmals im Jahr eingefangen

Beim „Fledermauszug-Monotoring“ werden die Tiere mehrmals im Jahr eingefangen, gewogen, vermessen, gekennzeichnet und schließlich wieder frei gelassen. Damit können die Naturschützer z. B. die Auswirkungen von Klimawandel oder Windkraftenergie auf die Tiere ermitteln und für die Öffentlichkeit zugänglich machen. „Doch als erstes müssen uns die Mäuse erst einmal ins Netz gehen“, sagt Kathleen Kuhring, während sie mit ihrem Mitstreiter drei riesige Fangnetze am Wasser aufbaut.

Ausgerichtet nach der Flugrichtung der scheuen Tiere, sind die bis zu acht Meter hohen Netze nun gespannt. „Die Struktur des Netzes ist so fein, dass die Tiere sich in den seltensten Fällen verletzen können“, erklärt Falko Meyer. Unterdessen bahnt sich wenige Meter neben der Fangstätte eine kleine Überraschung an: Beim Kontrollgang entlang des Ufers hat Kathleen Kuhring in einem der aufgehängten Brutkästen eine ganze Schar von Rauhautfledermäusen entdeckt. „Das ist selten, dass wir gleich zu Beginn ein paar Mäuse im Kasten finden“, erzählt sie.

Fledermausfänger im Saalekreis: Wir sind gegen Tollwut geimpft

Kuhring, die sich bereits seit 2009 mit dem Artenschutz beschäftigt, hat eine besondere Bindung zu den Tieren. „Mich fasziniert einfach das Verborgene daran“, erzählt sie. Währenddessen hebt Falko Meyer den Kasten behutsam vom Baum. Wenig später landen insgesamt acht weibliche Rauhautfledermäuse in einem Korb, wo sie darauf warten, von den beiden vermessen und mit einer Unterarmklammer versehen zu werden. Die Arbeit der beiden, die seit 2015 gemeinsam verschiedene Fangorte betreuen, wirkt routiniert. Angst davor, gebissen zu werden, haben sie nicht.

„Wir sind gegen Tollwut geimpft und tragen natürlich gerade bei größeren Arten Handschuhe“, sagt Falko Meyer. Ihre Leidenschaft für das geflügelte Tier versuchen die beiden auch an junge Menschen weiterzugeben. So finden regelmäßig Fledermaus-Camps statt, in denen Kinder und Erwachsene den Umgang mit Fledermaus und Natur erlernen beziehungsweise vertiefen können. „Diese Veranstaltungen sind meist gut besucht, dennoch würden wir uns schon über ein paar mehr Mitglieder freuen“, meint Falko Meyer.

Fledermäuse im Saalekreis: Zahlreiche Tiere gefangen

Es ist 20.30 Uhr- mittlerweile ist es dunkel geworden, immer öfter ziehen die Fledermäuse ihre Runden über die Netze. Nun müssen die beiden alle Sinne einsetzen, um die Tiere sofort lokalisieren zu können. „Mausalarm!“, ruft Kathleen Kuhring ganz plötzlich und rennt los. Vorsichtig befreit sie die Maus aus dem Netz. Dieses Mal ist es eine Mopsfledermaus, die von den beiden markiert wird. „Der Name kommt von dem pelzigen, zusammengeknautschten Gesicht“, erklärt Falko Meyer. Im Minutentakt gehen dem Team nun Rauhäutler, Wasserfledermäuse, Kleinabendsegler und Mopsfledermäuse ins Netz - Zeit zum Ausruhen bleibt keine mehr.

Wie lange die beiden Tierfreunde in dieser Nacht noch am Weiher bleiben werden, hängt vom Erfolg der Fangaktion ab. „Das kann schon mal bis zum Morgengrauen dauern“, meint die Fledermaus-Expertin, die am nächsten Morgen bereits wieder ihrer Arbeit bei der Naturschutzbehörde Anhalt-Bitterfeld nachgehen wird. Auch Falko Meyer, der ein Ingenieurbüro für Landschaftsplanung in Weißenfels leitet, hat am nächsten Morgen schon wieder die nächsten Termine. „Sowas muss man eben gern machen“, sagt er.

Und während wir uns kurz nach 22 Uhr auf dem Heimweg machen, stellen die beiden bis kurz nach Mitternacht ihren persönlichen Rekord auf: Insgesamt 86 Fledermäuse gehen den beiden an diesem Abend ins Netz, wie die MZ am nächsten Tag erfährt. „Und dabei hat die Saison erst begonnen“, freut sich Falko Meyer. (mz)

Die Rauhautfledermaus ernährt sich hauptsächlich von Mücken.
Die Rauhautfledermaus ernährt sich hauptsächlich von Mücken.
Peter Wölk