Antikörper für Kranke Antikörper für Kranke: Genesene Covid-19-Patienten können ihr Blutplasma spenden

Merseburg/Halle (Saale) - Einen Schutz vor dem neuartigen Coronavirus gibt es nicht. Doch Mediziner weltweit suchen, verbunden mit Hoffnung schwerste Krankheitsverläufe abzumildern, neue Wege der Behandlung. Die Bemühungen gehen in verschiedene Richtungen. Der „Plasma Service Europa“, unter anderem mit Zentren in Merseburg, Halle und Magdeburg, will nun Antikörper aus dem Blutplasma genesener Covid-19-Patienten gewinnen, die dann Erkrankten helfen sollen.
Daher suchen sie nach Spendern, die die Krankheit bereits überstanden haben. In den Kliniken in Halle und Merseburg schauen Mediziner jedoch noch skeptisch auf den neuen Ansatz.
Menschen können bis zu 60 Mal pro Jahr ihr Blutplasma spenden
In mehreren Bundesländern hat der „Plasma Service Europa“ Zentren, in denen Menschen bis zu 60 Mal pro Jahr ihr Blutplasma spenden können. Seit kurzem besteht nun die Möglichkeit, als genesener Covid-19-Erkrankter Plasma mit wertvollen Antikörpern abzugeben. „Wir mussten in allen Bundesländern erst die entsprechenden Genehmigungen dafür einholen, die nun vorliegen“, sagt Marina Hohenböken, medizinische Direktorin beim „Plasma Service“.
Dabei entscheide auch das renommierte Paul-Ehrlich-Institut mit, das bereits abseits der jetzigen Bemühungen des „Plasma Service“ Anfang April eine deutschlandweite klinische Studie zugelassen hat, die die Wirkung der Antikörper genauer untersucht. Darüber hinaus befassen sich auch andere Kliniken wie in Köln mit Antikörpern aus Plasma und suchen dort nach geheilten Covid-19-Patienten.
Herstellungserlaubnis für den „Plasma Service“ für Sachsen-Anhalt
Da nun die Herstellungserlaubnis für den „Plasma Service“ für Sachsen-Anhalt vorliegt, konnten auch schon im Zentrum in Magdeburg den ersten Covid-19-Genesenen Blutplasma - in diesem Fall Rekonvaleszentenplasma genannt - abgenommen werden, wie Hohenböken im Gespräch erklärt. Vom Grundsatz her läuft die Spende wie eine reguläre Entnahme des Blutplasmas ab. Interessierte, die bereits an Covid-19 erkrankt waren, müssen mindestens vier Wochen wieder gesund sein und einen Nachweis erbringen, dass sie erkrankt waren.
Darüber hinaus müssen sie zwischen 18 und 68 Jahre alt sein und zwischen 50 und 130 Kilogramm wiegen. In den vergangenen sechs Monaten sollten weder Tätowierungen noch Piercings oder Operationen durchgeführt worden sein. Das Plasma werde dann genauso genau geprüft, wie das auch bei regulären Spenden der Fall wäre, so die medizinische Direktorin.
„Noch befindet sich das Medikament in der Herstellung“
Im Anschluss an die Abnahme werden die Antikörper aus dem Plasma herausgefiltert und als Medikament Medizinern zur Verfügung gestellt. „Noch befindet sich das Medikament in der Herstellung“, sagt Hohenböken. Daher könne auch noch nicht mit Sicherheit gesagt werden, wie viele Spenden man benötige, um einen Erkrankten zu behandeln. Wer die Antikörper bekomme, würden zudem die Ärzte entscheiden.
„Es richtet sich jedoch an besonders schwere Fälle“, sagt Hohenböken, die auch Fachärztin für Transfusionsmedizin ist. Die Gabe ist verbunden mit der Hoffnung, dass der schwere Verlauf dadurch abgemildert werden kann. Man spricht bei diesem Verfahren von passiver Immunisierung. Eine aktive Immunisierung wäre durch eine Impfung möglich, die gibt es in diesem Fall noch nicht.
Möglichkeit zur Gewinnung und Nutzung der Antikörper aus dem Plasma
Bei Bedarf können Mediziner die Antikörper anfordern. Genutzt wurde dies jedoch noch nicht. „Eine Antikörpertherapie ist auf der Intensivstation des Carl-von-Basedow-Klinikums bisher nicht nötig gewesen“, sagt Dr. Matthias Winkler, Chefarzt der Klinik für Intensivmedizin in Merseburg, der die Therapie zudem als experimentell bezeichnet. Dass es die technische Möglichkeit zur Gewinnung und Nutzung der Antikörper aus dem Plasma überhaupt schon gibt, war Dr. Jan Hinrichs vom Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara in Halle gar nicht bewusst.
Der Facharzt unter anderem für internistische Intensivmedizin und Pneumologie findet „die Idee jedoch nicht schlecht.“ Er kenne Studien, in denen die Wirkung der Antikörper dargelegt werde. Auf erste Erfahrungen, die in China gemacht wurden, beruft sich auch Marina Hohenböken. Dort hätte man nach der Gabe der Antikörper eine deutliche Besserung bei Patienten festgestellt.
Wo sich Interessierte melden können
Angewendet wurde diese neue Therapie jedoch in Halle noch nicht, wie Hinrichs vom Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara sagt. Gleiches gilt für das Universitätsklinikum Halle. Dort plane man dagegen eine klinische Studie, die Erkenntnisse aus der Krebsforschung nutzen will. Geprüft werden soll, ob Stammzelltherapie in der Behandlung von Covid-19-Patienten hilfreich sein könnte.
››Interessierte, die an der Krankheit Covid-19 erkrankt waren und spenden wollen, können sich beim Plasma Service Europa per E-Mail unter [email protected] melden. (mz)
