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Alte Siedlungsreste in Günthersdorf freigelegt Alte Siedlungsreste in Günthersdorf freigelegt: Geschichte in der Erde bei Höffner

Von Melain van Alst 05.11.2019, 13:15
Höffner am Standort Günthersdorf
Höffner am Standort Günthersdorf Peter Wölk

Günthersdorf - Unter dem Lager von Möbel Höffner in Günthersdorf stecken 7.000 Jahre Siedlungsgeschichte. Noch bevor der Möbelriese seine neuen Lager bauen konnte, haben die Archäologen des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie aus Sachsen-Anhalt das gesamte Gebiet unter die Lupe genommen. Im Ergebnis lassen sich verschiedenste Siedlungsbewegungen in dieser Region nachweisen.

„Das sind noch vorläufige Ergebnisse“, erklärt Grabungsleiterin Madeleine Fröhlich. Selbst heute, mehr als drei Jahre nach den eigentlichen Grabungen in der Leunaer Ortschaft Günthersdorf sind noch nicht alle Funde ausgewertet. Selbst für die Archäologen, die von Mai 2015 bis Februar 2016 dort gegraben hatten, war es eine ungewöhnlich große Fläche. In Summe haben sie sich 16 Hektar angeschaut. „Dabei wurden 5.000 Befunde entdeckt und 1.000 Fundstücke“, so Fröhlich.

Hausgrundrisse, Gruben und Gräber

Gestoßen sind die Archäologen auf Hausgrundrisse, Gruben und Gräber, die Schlüsse auf die dort lebenden Menschen zulassen. Die ältesten Funde stammen von Slawen, die vom Balkan eingewandert sein sollen. Sie seien der Linienbandkeramischen Kultur (etwa 5.700 bis 5.000 v. Chr.) zuzuordnen. Fröhlich erklärt, dass Völker anhand ihrer genutzten Gefäße verifiziert würden und dadurch auch ihre Namen erhalten. Da Gefäße aus einer Grube Ritzlinienbänder besäßen, habe man die Kultur als Linienbandkeramik bezeichnet.

Ihnen seien auch Markierungen im Boden zuzuordnen, die auf riesige Häuser schließen lassen. Die sollen 20 bis 30 Meter lang und sechs bis acht Meter breit gewesen sein. „Die Siedlung ist nach und nach gewachsen, es wurde wenig abgerissen und die Häuser standen sehr lang“, erklärt Fröhlich. Eine Grube mit vielen Gefäßen deute zudem darauf hin, dass diese wertvoll für die Kultur waren. „Sie wurden mehrfach repariert.“ Sie bestanden aus Lehm, für den man weit reisen musste.

„Das ist auch dem geschuldet, das hier eine große Fläche geöffnet wurde“

Als „einmalig“ bezeichnet Fröhlich jedoch die Funde der Bernburger Kultur. Sie wurde benannt nach ihrem ersten Fundort nahe Bernburg. Die Menschen dieser Kultur lebten, so die Grabungsleiterin, bis zur Mitte 3.000 vor Christus. Noch nie habe man so eine große Fundstelle dieser Kultur gefunden. „Das ist auch dem geschuldet, das hier eine große Fläche geöffnet wurde“, so Fröhlich. Entdeckt wurden dabei einstige Häuser, Siedlungsgruben, Brunnen aber auch Gräber.

Es fand eine räumliche Trennung von Wohnbereichen und Werkplätzen statt, die deutlich abgesetzt waren. An den Plätzen habe man aus Feuerstein geschlagene Klingen und ebenfalls Keramik und Knochen von Tieren entdeckt. Die seien bearbeitet worden und möglicherweise zur Textil- und Lederverarbeitung oder zur Holzbearbeitung genutzt worden. Zudem gehe man davon aus, dass es sich um Grabhügel gehandelt haben könnte, weil die Gräber so nah beieinander waren.

Etwa zeitgleich hat dort auch die Kugelamphorenkultur gelebt. Vermutet werde daher, dass beide Kulturen aufeinander getroffen sind. Die Reise der Geschichte geht über die Glockenbecherkultur und die Aunjetitzer Kultur in der Frühbronzezeit weiter. Die wohl jüngsten Funde stammen aus dem Frühmittelalter. Gesammelt wurden alle Funde im Landesamt in Halle, ausgestellt wurde bislang aber noch nichts. (mz)