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ADAC-Hubschrauber in Günthersdorf ADAC-Hubschrauber in Günthersdorf: Rettung aus der Luft

Von Michael Bertram 01.03.2016, 09:19
Die gelben Engel aus Dölzig kommen wirklich von oben.
Die gelben Engel aus Dölzig kommen wirklich von oben. Peter Wölk

Dölzig/Günthersdorf - Es ist 6.30 Uhr, Dienstbeginn für Martin Handschuh und seine Kollegen von der ADAC-Luftrettung an der Autobahn 9 bei Günthersdorf. In einer halben Stunde geht die Sonne auf, dann müssen die Retter und die beiden Hubschrauber „Christoph 61“ und „Christoph 63“ einsatzbereit sein.

2.517 Mal mussten die beiden technisch hochgerüsteten Eurocopter, jeder davon rund sechs Millionen Euro wert, im vergangenen Jahr abheben, um Leben zu retten oder schwer kranke Patienten zu verlegen. Ein Drittel der Einsätze absolvierte die Luftrettung, die durch den Freistaat Sachsen finanziert wird, in Sachsen-Anhalt. Aber auch Sachsen, Thüringen und Brandenburg werden von den sechs Piloten in der Station angeflogen. „Wir werden immer dann gerufen, wenn es besonders schnell gehen muss oder am Boden kein Notarzt verfügbar ist“, erklärt der Wahl-Hallenser und gebürtige Oberbayer Handschuh, der seit 25 Jahren fliegt, elf davon im Dienste des ADAC.

Bevor die Hubschrauber das erste Mal abheben können, muss der 50-Jährige noch die Technik checken. Auf einer Liste geht er dabei rund 400 Punkte durch. Kleinere Dinge, zum Beispiel Scheinwerfer oder Sicherungen, darf er selbst wechseln. Dann geht es ins Büro an den Computer. „Dort schaue ich mir das Wetter an und erkläre den Kollegen, was uns erwartet“, sagt er. „Man nennt mich schonmal Kachelmann“, sagt er mit Blick auf seine zweite Leidenschaft neben dem Fliegen.

Kurz nach 8.30 Uhr schrillt der Alarm. Ein Pilot, eine Notärztin und ein Luftrettungsassistent, der beim ADAC über eine mindestens fünfjährige Bodenerfahrung verfügen muss, laufen zu „Christoph 61“. Innerhalb weniger Minuten dreht sich der Rotor. Es geht nach Merseburg. „Ein Schlaganfall-Patient“, erfährt Handschuh von den Kollegen. Damit das Team immer sofort starten kann wird, nach jedem Einsatz getankt und Verbrauchsmaterial aufgefüllt. Direkt im Hangar gibt es dazu eine kleine Apotheke. An einem der Ausziehschränke, die bis oben hin mit Medikamenten gefüllt sind, hängt ein Kalender der Luftrettung. „Wir waren da auch schon mal drin“, erzählt Handschuh stolz.

Nach Leipzig fliegt der Hubschrauber des ADAC besonders häufig ins Burgenland, auch der nördliche Saalekreis war ursprünglich für Primäreinsätze vorgesehen. Dort ist nun aber die Luftrettung in Oppin vorrangig zuständig. „Unfälle machen nur etwa zehn Prozent der Einsätze aus“, erzählt Handschuh. Die Hälfte der Flüge geht zu Patienten mit Herzproblemen oder Schlaganfällen. Nur jeder siebte Patient kommt mit dem Hubschrauber ins Krankenhaus, vor allem in ländlichen Gebieten dient der Hubschrauber häufig eben nur dem zügigen Transport eines Notarztes an den Einsatzort. „Ein bis zweimal im Jahr haben wir aber auch Morde, bei denen wir den Tod des Opfers feststellen müssen.“

An der Wand des kleinen Aufenthaltsbereichs hängen selbstgemalte Bilder, Briefe und Fotos. „Das sind Dankschreiben von Patienten oder deren Angehörigen“, sagt Handschuh. Jeder Luftretter habe seine eigene „Hall of Fame“ - Einsätze, die für immer im Gedächtnis bleiben. „Nach Unfällen mit Kindern fließen auch bei uns manchmal Tränen“, erzählt er. Über ein Betreuersystem innerhalb des ADAC bauen sich die Kollegen gegenseitig wieder auf. Es dröhnt am Himmel. „Christoph 61 kommt zurück“, sagt Handschuh und geht nach draußen. Wenige Augenblicke später landet das Team vor der Station - bis zum nächsten Einsatz. Marotten haben die Piloten nicht, ein Hufeisen über der Tür ist ein Geschenk von einem Einsatz auf einem Ponyhof. „Wir wünschen uns eher immer eine Handbreit Luft unter der Kufe“, sagt Handschuh und lacht. (mz)