A9 bei Günthersdorf A9 bei Günthersdorf: Wie Spezial-Leitplanken vor Horror-Unfällen schützen sollen

Günthersdorf - Mit lautem Getöse donnert ein tonnenschwerer Sattelzug nach dem anderen nur wenige Meter am Kopf der Arbeiter vorbei. Mit geballter Kraft wuchten gleich mehrere Männer den Querbalken der neuen Mittelleitplanke auf der Autobahn 9 zwischen Großkugel und Günthersdorf an ihren künftigen Bestimmungsort und fixieren ihn dort. „Wir versprechen uns durch die neuen Leitplanken deutlich mehr Sicherheit im Falle eines Aufpralls“, erklärt Anke Hawemann, die mit den seit April laufenden Sanierungsarbeiten betraute Ingenieurin bei der Landesstraßenbaubehörde.
Die Schutzplanken sind auf der Autobahnbaustelle eigentlich nur Beiwerk. Denn gesperrt ist das 3,5 Kilometer lange Teilstück in Richtung Süden, weil fünf marode Brückenbauwerke saniert werden müssen. „Wir nutzen solche Baustellen natürlich gleich auch dafür, bei den Leitplanken nachzurüsten“, sagt Hawemann. Stück für Stück entstehen die neuen Einrichtungen so im ganzen Land.
Neue Leitplanken auf der A9 bei Günthersdorf sind deutlich höher
Die neuen Planken fallen sofort auf. Sie sind deutlich höher und wirken richtig massiv. Zum Teil erinnern sie an die Schutzvorrichtungen an Rennstrecken. Eigentlich fehlen nur noch die Reifenstapel. „Obwohl die Leitplanken so wuchtig aussehen, nehmen sie bei Unfällen weiterhin viel Verformungsenergie auf und können so Schlimmeres verhindern“, betont Uwe Langkammer, Präsident des Landesstraßenbaubehörde Sachsen-Anhalt.
Neue Leitplanken auf der A9 bei Günthersdorf: Schutz vor gefährlichen Geschossen
Jede Woche ereignen sich in Deutschland schwere Unfälle auf Autobahnen, bei denen Fahrzeuge die Mittelleitplanke durchbrechen beziehungsweise die Schutzeinrichtung in Einzelteile zerlegen. Letztere können sich durch die Wucht des Aufpralls in gefährliche Geschosse verwandeln.
Nicht nur für neue Fahrzeuge werden von Entwicklern und unabhängigen Institutionen Crashtests vorgenommen und deren Effekte auf die Insassen von Autos, Bussen und Lastwagen untersucht, auch Leitplanken werden solchen Versuchen unterzogen.
Der Tüv Rheinland betreibt etwa auf seinem Testgelände im nordrhein-westfälischen Aldenhoven seit fast fünf Jahren eine moderne Crashtest-Anlage für Leitplanken-Systeme.
Dort sollen die baulichen Einrichtungen Tests nach europäischen Sicherheitsstandards unterzogen und weiter optimiert werden. In den Versuchen wird geprüft, wie viel Energie die Planken absorbieren können und ob sie überhaupt Durchbrüche - zum Beispiel auf Autobahnen - verhindern können.
Dazu werden Aufpralle mit verschiedenen Geschwindigkeiten und in unterschiedlichen Winkeln simuliert. (ram)
Vor einigen Jahren kam eine Frau ums Leben, die von einem Teil einer Leitplanke getroffen wurde, das ihre Windschutzscheibe zerschlagen hatte. Auch deshalb wurde reagiert. So hatte der Bund bereits vor eineinhalb Jahren angeordnet, dass die Vorrichtungen nach und nach aufzurüsten sind. „Es sollen keine Einzelteile mehr umherfliegen, aber vor allem Durchbrüche, zum Beispiel von Lastwagen, verhindert werden“, erklärt Langkammer den Sinn und Zweck der schrittweisen Umrüstung.
Demnach haben die neuen Leitplanken zwei Längsstränge, die insbesondere aufprallende Lastwagen aufhalten sollen. In der Vergangenheit sei das bereits auf der Autobahn 14 geschehen, wo die Systeme seit vergangenem Jahr bereits vorhanden sind.
Auch diese Autobahn-Abschnitte bekommen neue Leitplanken
Auch auf der Autobahn 9 bei Dessau würden die neuen Leitplanken gebaut. Entsprechende Pläne gibt es auch für die Baustelle auf der A38 bei Leuna, die ab Juli beginnen soll.
Die Umrüstung ist allerdings auch richtig teuer: Allein in einem 14 Kilometer langen Abschnitt bei Dessau seien nur wegen der Leitplanken 750.000 Euro mehr verplant worden. „Das ist aber richtig gut angelegtes Geld“, meint der Präsident der Landesstraßenbaubehörde.
Bauarbeiten A9 bei Günthersdorf: Sanierungsarbeiten an den fünf Brücken laufen auf Hochtouren
Während die Montage der neuen Sicherungssysteme auch auf der A9 zwischen Großkugel und Günthersdorf voranschreitet, laufen derweil auch die Sanierungsarbeiten an den fünf Brückenbauwerken auf Hochtouren, wie Ingenieurin Anke Hawemann betont. Die Fahrbahnoberflächen waren verschlissen, Feuchtigkeit drohte einzudringen und die Brückenlager zu beschädigen.
„Dass die Schäden aufgetreten sind, ist völlig normal“, sagt Hawemann. Zum einen rollen über die Autobahn 9 täglich bis zu 70 000 Fahrzeuge. Damit zählt die Autobahn zu den Verkehrsadern mit der höchsten Verkehrsdichte im ganzen Land. Der Schwerlastanteil mit Brummis und Bussen liegt bei etwa 20 Prozent.
Zum anderen waren die Brücken das letzten Mal Anfang der 90er angefasst worden. Bislang liege man mit den Reparaturen im Soll. Die Schadstellen wurden ausgefräst, neuer Korrosionsschutz aufgetragen. Der neue Belag und Rückbau der Baustelle sollen dann bis Mitte Juli erledigt sein. (mz)