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Radtour Rad-Strecke von Halle nach Leipzig: Tour an Weiße Elster und Neue Leuppe

Von Ralf Böhme 26.04.2017, 17:30
Athletische Fahrer schaffen es in zwei, ausgeruhte Hobby-Radler in drei oder vier Stunden von Markt zu Markt.
Athletische Fahrer schaffen es in zwei, ausgeruhte Hobby-Radler in drei oder vier Stunden von Markt zu Markt. Benjamin Böhme

Halle (Saale) - Nach getaner Arbeit mal rasch nach Leipzig - per Rad. Das ist eine Idee, die für den geplanten Radschnellweg spricht, der möglichst bald Halle mit der Messestadt verbinden soll. Die Härtesten der Harten wagen es freilich heute schon, vielleicht auch als ambitionierten Osterausflug. Hier ein Erlebnisbericht - mit Sturz, Reifenproblem und Regenschauer. Hinter mir liegt ein Höllenritt: 42 Kilometer über Wege jeglicher Qualität.

Mit dem Rad von Halle nach Leipzig: Straßen und Wege auf der Strecke teilweise schwer zu befahren

Die Entfernung von Marktplatz zu Marktplatz entspricht der eines Marathons. Nur kann ich aus eigener Erfahrung sagen: So ein Ausdauerlauf ist gemütlicher, als derzeit eine Radtour zwischen den beiden größten Städten der mitteldeutschen Metropolregion.

Und das liegt nicht allein an der Strecke über plattes Land. Die Radwege in Halle sind zumindest in dieser Richtung nicht besonders gut, die in Leipzig kaum besser. Dass könnte sich wohl nur durch Millionen-Finanzspritzen des Bundes bessern lassen.

Doch mit den bisher vorgeschlagenen 25 Millionen Euro pro Jahr dürfte der Fortschritt wahrscheinlich noch eine Weile dauern. Radexperten haben die Vielzahl der deutschlandweit gewünschten Projekte dazu gesetzt. Das ernüchternde Ergebnis: Das letzte Vorhaben würde im nächsten Jahrhundert realisiert werden.

Das erste Gespräch wegen des Radschnellweges liegt mittlerweile fast sechs Monate zurück. Viel ist seitdem nicht passiert, allen Absichtserklärungen aus Ministerien und Kommunen zum Trotz.

Mit dem Rad von Halle nach Leipzig: Der Platz für Radler auf den Straßen ist knapp

Jetzt aber zurück zur Testfahrt auf zwei Rädern:. Wer Halles Markt als Ausgangspunkt wählt, kann sein Rad vor dem Stadthaus parken. Das ist gut. Schwingt man sich dann in den Sattel, schwindet der Komfort sofort.

Bereits auf dem Weg zum Franckeplatz erfährt der Radler angstvoll seine Unterlegenheit. Von hinten drängelt die Straßenbahn, am Rand haltende Autos vor Geschäften. Der Platz zwischen den Gleisen und dem Bürgersteig ist zu knapp. Schon nach wenigen Metern kommt es deshalb zum ersten unfreiwilligen Zwischenstopp.

Wohin mit der Kraft? Tempo machen ist einfach nicht möglich. Die Überquerung des Franckeplatzes, den Steinweg hinauf und in der Torstraße: Warten, Absteigen, Schieben. Die ramponierte Radspur auf dem Böllberger Weg zu erreichen, erweist sich als Glücksfall. Autos haben und nehmen sich hier immer die Vorfahrt.

Eigentlich bietet sich für mich die Merseburger Straße an, um an den Stadtrand zu gelangen. Doch dort fahre ich schon lange nicht mehr. Der Zustand ist, wie viele Radler kritisieren, eine mittlere Katastrophe: Rillen, Löcher, Risse, steile Bordsteine. Dafür muss ich jetzt hier etwas anderes in Kauf nehmen: eine fortwährende Slalomfahrt um Scherben zerschlagener Bierflaschen. Und größte Vorsicht, Betriebsausfahrten! Tatsächlich, ein Lieferwagen schießt heraus.

Da ist es dann eine wahre Wohltat in die Böllberger Ruhe abzubiegen. Hier findet sich sogar ein Schild, das die Route zur Elster weist. Wenig Autoverkehr, nun lohnt es sich endlich in die Pedalen zu treten. Aufatmen. Sorglosigkeit. Plötzlich, ein derber Stoß. Ein Bordstein ist nicht abgeflacht. Das scheppert. Das Knie tupft das harte Pflaster.

Alle Räder rollen noch, bald schon ganz schön flott über den gut ausgebauten Radweg in der Kaiserlauterer Straße. Hat man an der Kreuzung eine grüne Phase erwischt, ist mal Tempo 30 drin.

Zwischendurch ein kleines Paradies auf der Radstrecke von Halle nach Leipzig

Ein kleines Paradies erwartet den Ausflügler am Hohen Ufer auf der Silberhöhe. Der Weg dann hinab durch Beesen, vorbei am Spaßbad Maja Mare und zur Georgi-Dimitroff-Straße in Ammendorf. Notiz ins Tour-Protokoll: Unbefestigte Abkürzung zum Fluss rechts liegen lassen! Nach der Schussfahrt über Stock und Stein schiebe ich freiwillig ein paar Meter.

Vier Ampeln bremsen die Fahrt über die Merseburger Straße in Ammendorf. Die Wartezeit kann acht Minuten betragen. Der nächste Abschnitt: Regensburger Straße. Das ist selbst für robuste Typen kein Zuckerschlecken.

Auf dem Rad von Halle nach Leipzig an der Neuen Luppe und der Weißen Elster: Rennstrecke auf dem Deich

Kaum raus aus der Stadt, exakt ab der neuen ICE-Elstertalbrücke, kommt doch noch gute Laune auf. Da ist ein großes weißes Radfahrer-Signet aufgemalt. Und Döllnitz und Lochau im Saalekreis, die nächsten beiden Durchfahrten über gut ausgebaute Nebenstraßen und mit wenig Verkehr, sind eine wahre Freude.

Ein Wetterschutzhäuschen, mit einer großen Landkarte ausgestattet, lädt zur Rast ein. Und es kommt noch besser. Jetzt lockt die heiße Spur auf dem Deich am Fluss. Das Asphaltband ist zwar nicht vier Meter breit, wie es auf dem Papier bei einem Schnellfahrweg sein soll, aber hier lässt sich der in der Stadt angesammelte Zeitverlust wenigstens teilweise wieder aufholen.

Und nachmittags ist man praktisch fast allein unterwegs. Bestenfalls einige Hundefreunde kreuzen. Raßnitz, da könnte man hinüber zum Raßnitzer See abbiegen, fliegt vorbei. Ermlitz und Oberthau folgen. Da ist schon die Autobahn A 9 in Sicht - und damit die Landesgrenze zu Sachsen

Ist die Glückssträhne nun zu Ende? Ein Regenschauer zwingt zur Rast unter der Autobahnbrücke. Rechts fließt die Elster, links grelle Graffiti auf Beton, der Weg indes nur eine schmale Holperpiste. Etwa die Hälfte der Strecke von Halle nach Leipzig ist jetzt zurückgelegt.

Aber auch das kann noch passieren: Irgendwo geht die Luft aus dem Pneu. Aufbocken, die Schwachstelle gesucht und behoben. Weiter, nun auf breiten mit feinem Schotter befestigten Feldwegen. Schön anzusehen, für Radler absolut unpraktisch! Eine Bohlenbrücke an der Maßlauer Linie. Da sollte man nur mit groben Profilen fahren. Die Ausschilderung aber ist stimmig.

Später lädt der Leipziger Auenwald, der von Schkeuditz bis fast in die City reicht, auf schnurgeraden Wegen zu Geschwindigkeitsrekorden ein. Hier fehlen bestenfalls noch ein paar Laternen für Leute, die erst nachts unterwegs sind.

Spätestens ab Höhe Domholzschänke, einer beliebten und nostalgischen Radler-Tanke, wird es sogar eng. Trotzdem, die piekfeinen Kilometer bis zur Red Bull Arena entschädigen für die bisherige Mühsal. Und auch danach gibt es abschnittsweise ganz ordentliche Radwege bis ins Zentrum.

Wo Lücken sind, riskiert der Radfahrer freilich fast noch mehr als in der Saalestadt Kopf und Kragen. Der Grund: Die Verkehrsdichte ist kurz vor dem Ziel so hoch, wie man sie in Halle kaum kennt.

So ist die Fahrradstrecke zwischen Halle und Leipzig

Fazit: Athletische Fahrer schaffen es in zwei, ausgeruhte Hobby-Radler in drei oder vier Stunden von Markt zu Markt. Mit links ist es jedoch in keinem Fall gemacht. Es sind nicht Nässe und Wind, die stören. Der Weg ist noch mit viel zu vielen kleinen und großen Risiken gespickt. Glücklich ist, wer heile ankommt! (mz)