Prozess in Meiningen Prozess in Meiningen: Baby mit Kissen erstickt

Meiningen - Die 37 Jahre alte Mutter bricht in Tränen aus, als sie vor dem Landgericht Meiningen über den Tod ihres Babys reden soll. Mit brüchiger Stimme und festgekrallt an ihren Papier-Taschentüchern schildert die Frau am Montag, wie sie mit einem Kissen ihr Neugeborenes erstickte. „Wie fest ich gedrückt habe, weiß ich nicht mehr.“
Ermittler finden entdecken weiteren Fall
Vor einem Jahr wurden die sterblichen Überreste des Babys auf dem Dachboden ihrer früheren Wohnung in Südthüringen entdeckt. Dabei fanden die Ermittler auch noch die Knochen eines weiteren Säuglings. Die Mutter war damals schon aus dem Haus ausgezogen. Das Gericht verurteilt sie nun wegen Totschlags in einem Fall zu vier Jahren Haft. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Es ist ein Apriltag des Jahres 2011. Morgens ist sie noch mit dem Fahrrad zur Arbeit gefahren. „Ich hatte Krämpfe im Bauch“, erzählt die 37-Jährige im Gerichtssaal. Noch wirkt sie gefasst bei ihrer Aussage. Ihre Chefin habe ihr wegen der Krämpfe frei gegeben. Auf dem Weg in ihre Wohnung in Benshausen (Kreis Schmalkalden Meiningen) sei dann die Fruchtblase geplatzt.
In ihrer Dusche gebar sie einen Jungen. Sein Brustkorb sei „komisch gewölbt“ gewesen. Das Baby soll geschrien haben. Die 37-Jährige schildert, wie sie daraufhin ein Kissen nahm und es auf das Gesicht des Jungen legte. Sie weint, als sie das ausspricht.
Während das Kind noch im Duschbecken lag, habe sie sich frisch gemacht. Später legte die gelernte Restaurantfachfrau den toten Säugling nach eigenen Angaben in einen Plastiksack und versteckte ihn auf dem Dachboden. Am nächsten Tag ging sie wieder arbeiten.
Anfang Juli 2012 brachte sie ebenfalls in der Dusche einen weiteren Jungen zur Welt. Sie beteuert vor Gericht, dass es sich dabei um eine Totgeburt gehandelt habe. Ein Gutachter konnte nicht mehr feststellen, ob das stimmt. Während der zweiten Schwangerschaft sei es ihr nicht gut gegangen. Sie habe lange ihre Regel bekommen, schilderte die Frau. Sie versteckte den toten Jungen ebenfalls auf dem Dachboden.
Der Vorsitzende Richter Wolfgang Feld-Gerdes hakt in der Befragung immer wieder nach. Er will sich nicht mit der Aussage zufrieden geben, dass niemand etwas von der Schwangerschaft mitbekommen haben soll. „Ich war schon immer etwas fülliger und habe nie enge Kleidung getragen“, sagt die 37-Jährige. Der Vater des Kindes will ebenfalls nichts gemerkt haben. „Ich war nicht sicher, ob sie schwanger war“, beteuert er vor Gericht. Einen Mutterpass will er nicht gesehen haben.
Beide trennten sich bereits ein halbes Jahr vor der Geburt des Jungen. Die 37-Jährige hat noch eine Tochter aus erster Ehe, die nach sieben Jahren in die Brüche ging.
Gutachter attestierte eine Persönlichkeitsstörung
Ihr Ex-Freund stellt vor Gericht klar: Er habe seiner damaligen Freundin von Beginn an gesagt, „dass ich keine weiteren Kinder mehr möchte“. Als sie die Schwangerschaft bemerkte, sei es für eine Abtreibung in Deutschland zu spät gewesen, erinnert sich die Frau. Diesen Schritt habe sie deshalb in den Niederlanden gehen wollen. Dort aber stellte sich heraus, dass sie dafür 900 Euro hätte aufbringen müssen. „Das hätte nicht zahlen können.“
Richter Feld-Gerdes merkt bei der Urteilsbegründung an: „Die Angeklagte hat dem Kind keine Lebenschance gegeben.“ Sie hätte eine Baby-Klappe nutzen oder den Weg der Adoption gehen können.
Ihre Tochter, die eine Realschule besucht, wisse Bescheid, erklärt die Angeklagte. Sie stehe hinter ihr. „Ich bin doch ihre Mama.“ Ein Gutachter attestierte der Frau eine Persönlichkeitsstörung, die aber nicht krankhaft sei. Außerdem bestehe die Tendenz, dass sie Geschichten erfinde. (dpa)