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Prozess gegen Gabor S. Prozess gegen Gabor S.: Doppelmörder wird erneut verurteilt

Von Katrin Löwe 30.09.2013, 09:07
Der bereits verurteilte Doppelmörder Gabor Torsten S. nimmt im Verhandlungssaal des Landgerichts Halle (Saale) Platz.
Der bereits verurteilte Doppelmörder Gabor Torsten S. nimmt im Verhandlungssaal des Landgerichts Halle (Saale) Platz. dpa Lizenz

Halle/MZ - Mehr als sechs Jahre ist das Verschwinden der Schweizerin Maria K. her. Lange Zeit davon, betonte Richter Jan Stengel, habe ihr damals neunjähriger Sohn nicht einmal gewusst, was überhaupt mit seiner Mutter geschehen ist. Ob er es heute weiß? Sicher ist, dass K. tot ist. Ihre skelettierte Leiche wurde 2011 bei Saurasen (Mansfeld-Südharz) im Wald gefunden. Und: Es gebe Ungereimtheiten in den Aussagen von Gabor S., so Stengel. Aber es gebe „keine sicheren Beweise“, die das widerlegen, was der Doppelmörder von Mansfeld zuletzt sagte: dass sie im Streit unglücklich gefallen ist.

Die Schwurgerichtskammer am halleschen Landgericht verurteilte S. so nicht erneut wegen Mordes, sondern nur wegen Körperverletzung mit Todesfolge. Für sich genommen hätte das fünf Jahre Haft bedeutet. Eingerechnet wurde am Ende allerdings auch das Verfahren von 2010, in dem S. wegen des Doppelmordes von Mansfeld zu lebenslanger Haft mit besonderer Schwere der Schuld und Sicherungsverwahrung verurteilt wurde. In der Summe bleibt es also dabei. Es ist ohnehin die höchste Strafe, die das deutsche Recht kennt.

S. hatte kurz vor Prozessende mit einer bis dato neuen Version aufgewartet. Demnach hatte er im Juni 2007 mit seiner Bekannten in der Schweiz gestritten, ihr Ohrfeigen versetzt und sie von sich gestoßen. Sie sei unglücklich über eine Anhängerdeichsel gefallen und sofort tot gewesen. Gegenüber der Polizei hatte es zuvor andere Erklärungen gegeben - von totaler Leugnung bis zur Unfallvariante, bei der K. auf der Autobahn aus einem fahrenden Auto gefallen sein soll.

S. baue seine Geschichten immer „windschnittig an den Beweisen entlang“ auf, sagte Staatsanwalt Hendrik Weber in seinem Plädoyer. „Die Taktik ist nicht neu“, so Weber, sie entspreche dem Aussageverhalten im Prozess um den Doppelmord von Mansfeld, wo S. 2008 einen Arzt und eine Rentnerin umbrachte. Der Staatsanwalt zeichnete das Bild eines „notorischen Lügners“, der nicht nur Polizei und Gericht, sondern auch seinen sozialen Kontakten gegenüber unglaubliche Geschichten erfinde: vom Unfalltod seiner Freundin bis zur eigenen Leukämieerkrankung. „Warum sollte er hier am Ende der Beweisaufnahme plötzlich und unerwartet die Wahrheit sagen?“

Er sei ob eines „dichten Netzes von Indizien“ überzeugt, dass S. die Frau tötete, um ein Sexualdelikt zu verdecken, so Weber. Er habe verhindern wollen, was 1996 passierte: Nach stundenlanger Vergewaltigung hatte er sein Opfer freigelassen (in dem Gebiet, wo auch K.s Leiche lag), wurde angezeigt und zu acht Jahren Haft verurteilt.
Zweifel an der Unfallvariante hatte am Montag auch die Befragung eines Rechtsmediziners genährt. Halswirbelbrüche, wie von S. angeführt, seien selbst bei Treppenstürzen sehr selten, ein einfacher Sturz zu ebener Erde sei dafür nicht ausreichend, sagte Professor Rüdiger Lessig. In der Regel führten die Brüche auch nicht zum sofortigen Tod. Verteidiger Stephan Bonell bezog sich indes darauf, dass Lessig einen sofortigen Tod zumindest nicht hundertprozentig ausschließen konnte. Eine genaue Todesursache konnte nicht mehr festgestellt werden. Webers Plädoyer nannte Bonell polemisch. Es sei zudem lebensfremd, mit einer Frau von der Schweiz bis Saurasen zu fahren, um sie zu vergewaltigen: K. hätte unterwegs fliehen können.

Weber blieb bis zum Schluss dabei, dass S. die Frau bei Saurasen an einen Baum gebunden, missbraucht und dann getötet hat. Gurte und Fesseln mit Menschenhaaren waren an dem Baum gefunden worden. S. hatte zuletzt erklärt, die Leiche dort angebunden zu haben, weil Wildschweine sie zwar beseitigen, aber nicht aus dem Wald heraus zerren sollten.

Die Frage sei, was sich sicher feststellen lasse, auch wenn insgesamt manches unlogisch erscheine, sagte Stengel schließlich. Dass Straftäter sich nicht immer logisch verhalten, habe er in 20 Jahren Beruf gelernt. Weber ließ am Montag offen, ob die Staatsanwaltschaft Revision gegen das Urteil einlegt.

Der bereits zur Höchststrafe verurteilte Doppelmörder Gabor Torsten S. (l) sitzt am Donnerstag im Verhandlungssaal des Landgerichts Halle (Saale) neben seinem Verteidiger Stephan Bonell.
Der bereits zur Höchststrafe verurteilte Doppelmörder Gabor Torsten S. (l) sitzt am Donnerstag im Verhandlungssaal des Landgerichts Halle (Saale) neben seinem Verteidiger Stephan Bonell.
dpa Lizenz