1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Polizeihistorische Sammlung: Polizeihistorische Sammlung: Der Schweinehund mordet, schlägt, lügt

Polizeihistorische Sammlung Polizeihistorische Sammlung: Der Schweinehund mordet, schlägt, lügt

Von Sylke Hermann 15.09.2002, 16:43
Steffen Claus (r.)
Steffen Claus (r.) dpa/zb

Halle/MZ. - Nein, nicht doch die Bibel.Gewiss. "Die Bibel strotzt vor kriminellenHandlungen", stellt der Ermittler zunächstklar und schiebt unter dem Schnurrbart einschmales Lächeln hervor. Steffen Claus seinName. Oder Sherlock Holmes? Ganz nach Belieben.

Der Mann steht seit 30 Jahren in Dienstender Polizei, lebt in Friedrichsschwerz imSaalkreis und hat sich hier mit Schlagstöcken,Fesseln, Kopfbedeckungen umgeben. Der 51-Jährigewiegelt amüsiert ab, weil diese Sammlerstückemitnichten mit der kriminellen Energie seinesHeimatortes zu tun hätten. Wo rund 200 Menschenund 40 Hunde leben, dort gebe es keine Spitzbuben,die man schlagen oder fesseln müsse. Allenfallseinen Einbruch in die Dorfkneipe, alle zweiJahre mal, wenn überhaupt. Das war's dannschon mit den verbrecherischen Taten in Friedrichsschwerz.

Schlagstöcke, Fesseln, Kopfbedeckungen sindfür Steffen Claus Hobby. Nach zwölf Jahrendes Stöberns und Ergatterns hat sich ein üppigerFundus an diversen Utensilien Kriminaler wieKrimineller angehäuft. Doch seit die polizeihistorischeSammlung der Landespolizei in Ascherslebenvor anderthalb Jahren dicht gemacht wurde,ist viel vom dort Gezeigten in Kisten verstaut- sofern es nicht beliebig an Dritte abgegebenwurde, berichtet er. Steffen Claus baute dieSammlung auf, betreute sie, stattete sie mitallerlei privaten Leihgaben aus. Und am Endeverstand er nicht, warum sie geschlossen wurde.Ein paar tausend Besucher jährlich wollensich für die Ausstellung interessiert haben."Ein guter Schnitt", findet er.

Was ihm gehörte, packte Steffen Claus ein.Seither hat der Polizeibeamte für sich entdeckt,wie spannend es sein kann, als englischerMeisterdetektiv verkleidet durch die Landezu ziehen. Er tut das in seiner Freizeit undmit dem Anspruch, Kriminalprävention zu betreiben.Alles, was er dazu braucht, gibt sein privates"Kriminalpanoptikum" her.

Davon bestreitet er Ausstellungen, die erfür gewöhnlich mit einer Leseprobe komischer,zuweilen absurder Kriminalfälle einleitet.Vier Bücher hat er mit den "Histörchen" gefüllt,die er zumeist in alten Zeitungen aufgetanhat. Ob jedoch verbürgt ist, was seinerzeitgeschrieben wurde, weiß er nicht. Schon damalsseien Schlagzeilen schließlich so etwas wiePflicht gewesen, um die Leserschaft zu unterhalten.

Im Mittelalter, erzählt er oft, da wurdedem Dieb zur Strafe die Hand abgehackt. Undda galt der Schlagstock auch noch als Zeichender Amtswürde eines Richters. Bis er, derSchlagstock, zum reinen Prügelinstrument gewordenist, sei viel geschehen. Steffen Claus hatjene Lücken erforscht. Und er hat Hoffnung,mit all dem Material bald wieder eine festeAusstellung ausstatten zu dürfen. Die Voraussetzungensind gut. In Aschersleben wird derzeit dasehemalige Gefängnis aufwändig restauriert.Einziehen soll das Archiv der Stadt - undauf hundert Quadratmetern auch eine polizeihistorischeSammlung. Termin ist der 30. Juni des kommendenJahres. Die einzelnen Zellen würden sich perfektanbieten, die Themen der Kriminalgeschichtezu trennen: Knüppel und Fessel, Fotos undSteckbriefe, Gaunertricks und Gaunerpech.

Viel mehr noch hat Steffen Claus zu bieten.Darunter auch Geschichten aus der Bibel. DurftenAdam und Eva von der verbotenen Frucht naschen?"Nein, aber sie haben es getan und sich damitüber die Gesetze Gottes hinweggesetzt." ZurStrafe wurden sie aus dem Paradies verbannt."Eigentlich müsste man auch die Schlange belangen- wegen Verführung." Aber Steffen Claus willnicht kleinlich sein und belässt es dabei.Er weiß: "Das Böse schlummert seit jeher inuns. Der innere Schweinehund, der mordet,schlägt und lügt."

Die Geschichte der Kriminalität - sie endeterst mit der Geschichte der Menschheit. "Derletzte Mensch wird der letzte Täter sein."Das sei gewiss, meint der Mann aus Friedrichsschwerz.