"Pasta mia" in Quedlinburg "Pasta mia" in Quedlinburg: Der erste Italiener im Osten

Quedlinburg - Piercarlo Perli - das klingt nach sanften grünen Hügeln in der Toskana, Chianti, Grappa und Dolce Vita. Und wer das denkt, liegt gar nicht so falsch. Denn Perli - das ist Filetto di agnello ai ferri, Pizza Südtirol, feiner Espresso und die grünen Hügel des Harzes.
Piercarlo Perli, ein kompakter Mann mit mächtigem Schnauzer und vollen Haaren, die beide mittlerweile weiß sind, betreibt in Quedlinburg ein italienisches Restaurant namens „Pasta mia“ und ist nach Recherchen der Deutschen Welle, die über ihn 2010 einen Kurzfilm gedreht hat, der erste Italiener, der nach der Wende in die ehemalige DDR gekommen ist. Ob es stimmt? Beschwert hat sich jedenfalls noch niemand, sagt Perli.
„Als die Mauer gefallen ist, da habe ich Tränen vergossen“, sagt Perli. Was aber hat ein Italiener mit dem Mauerfall und der deutschen Einheit zu tun?, könnte man sich fragen. Vielleicht liegt es daran, dass Perli nicht in Neapel oder Rom aufgewachsen ist, sondern in einem Teil Italiens, der auch eine Geschichte der Abtrennung von Österreich und der späteren Vereinigung mit Italien hinter sich hat: in Südtirol. Der heute 65-Jährige wuchs in Mals im Vinschgau auf. Wie alle Kinder dort lernte er zwei Sprachen: Italienisch und Deutsch. Vor 46 Jahren war Südtirol noch nicht das Wanderurlaubsland der Deutschen. Der traumhafte Blick zum König Ortler allein machte nicht satt, und weil der gelernte Maschinenschlosser Perli keine Arbeit in der Heimat fand, ging er als Tellerwäscher ins nahe St. Moritz. „Wir wollten ein paar Franken verdienen“, sagt Perli. Mehr oder weniger legte er damit den Grundstein für das „Pasta mia“ - die erste Berührung mit der Gastronomie.
Hier begann auch die große Reise des Piercarlo Perli, der heute seine Rente aus sechs Ländern bekommt: aus Deutschland, Schweiz, Norwegen, England, Holland und Italien. „Da habe ich überall gearbeitet“, sagt Perli. Nach einem Jahr als Tellerwäscher ging er nach Zürich auf die Barkeeper-Schule, später nach Interlaken und dann nach England, wo er als Barkeeper gearbeitet hat. „Dann wollte ich die große Welt sehen“, sagt Perli. Darum heuerte er auf der norwegischen „Royal Viking Sea“ an - einem Luxuskreuzfahrtschiff mit 500 Passagieren und 500 Besatzungsmitgliedern. Im Winter fuhr er auf die Südhalbkugel, lernte Singapore, Bombay und Neuseeland kennen. Im Sommer ging es nach Europa.
1976 blieb Perli mit seiner Frau, einer Holländerin, die er in der Schweiz kennen gelernt hatte, in Deutschland hängen. Er arbeitete vier Jahr in der Spielbank Aachen und später zwölf Jahre im Casino in Bad Oeyenhausen. Hier hatte Perli auch seine erste Begegnung mit dem Osten Deutschlands. Die DDR kam in Form eines kaputten Wartburgs zu ihm. „Der stand mit einer Panne mitten auf der Kreuzung“, berichtet Perli. Er zögerte nicht lange und schleppte das Auto zu sich nach Hause. Ein Freund mit einer Opel-Werkstatt reparierte den Zweitakter kostenlos. Der Fahrer, ein Mann aus der Nähe von Dresden, übernachtete bei Familie Perli. „Die Neugier wurde immer größer“, sagt er. Und so fuhr der Italiener gen Osten: Schwerin, Magdeburg und, am 20. Oktober 1990, Quedlinburg. „Helmut Kohl war einen Monat vor mir da“, sagt Perli. „Als ich die Stadt das erste Mal gesehen habe, sagte ich ,Wow!‘“
5.000 Mark für Behinderte gespendet
„Es war sehr viel kaputt“, sagt Perlin. „Und es gab fast keine Gastronomie.“ Dennoch - oder gerade deshalb - verliebte sich der Südtiroler in Quedlinburg. Am 4. Juli 1991, einem Donnerstag, feierte er die Eröffnung des „Pasta mia“. 5.000 Mark hat er damals anstelle von Blumen oder Geschenken bekommen - und sie für Behinderte in Quedlinburg gespendet. Zum 20-jährigen Bestehen seines Unternehmens entschied sich Perli, wieder einmal Kinder aus sozial schwachen Familien zu unterstützen. An zehn Tagen durften Kinder aus den Jugendclubs und aus dem Kinderladen Reichenstraße in sein Restaurant kommen, um Pizza satt zu essen“, lobte im Januar 2012 der Stadtratsvorsitzende und heutige Oberbürgermeister Frank Ruch in seiner Laudatio, als Perli wegen seines Engagements für Kinder zum Neujahrsempfang der Stadt ausgezeichnet wurde.
Zurück zur Anfangszeit des „Pasta mia“. „Pizza und Nudeln ohne Ende“ liefen damals in Quedlinburg, vor Perlis Restaurant bildeten sich Schlangen. Er hatte zu tun, so schnell die Zutaten zu besorgen.