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Parfümsammlerin Parfümsammlerin: Der Duft der DDR

20.03.2011, 09:57

Radebeul/dpa. - Dafür istallerdings eine starke Nase gefragt.

Radebeul/dpa.Schwarzer Samt und Casino deluxe haben sich ineiner muffig-süßen Wolke vereinigt. Zusammen mit rund 1000 Flakonsaus DDR-Zeiten stehen die beiden Düfte auf einem Dachboden inSachsen. Eine Sammlerin hat in Radebeul die Parfüms der DDRzusammengetragen und sich damit ein privates Museum eingerichtet.

Mehr als zwanzig Jahre nach der Wende haben die Düfte allerdingsnicht mehr viel von ihrer ursprünglichen Note. Die Fans von damalswürden sich aber auch über die etwas muffige Variante freuen, sagtKerstin Zimmermann. Viele kämen auf der Suche nach einem ganzbestimmten Parfüm zu ihr. «Ich denke, da spielt Nostalgie eine Rolle:Mit Düften sind oft sehr intensive Erinnerungen verbunden.»

Zimmermann selbst fand aus einem anderen Grund zu ihremungewöhnlichen Hobby. «Ich habe mal Miniatur-Flaschen von Westparfümgesammelt», berichtet sie. Auf Sammlerbörsen habe sie dann immerwieder gehört: «Ihr im Osten habt sowas ja nicht gehabt.» DiesesVorurteil will die gebürtige Dresdnerin widerlegen. «Die DDR war keinLuxusstaat und trotzdem wurde eine unheimliche Vielfalt an Parfümproduziert», sagt die 53-Jährige. «Das finde ich faszinierend.»Mittlerweile habe sie 100 verschiedene Marken entdeckt.

Wer den Duft des Ostens mit Florena verbindet, liege aber garnicht so falsch. «Vor allem weil Florena vom Anfang bis zum Ende derDDR existiert hat», erklärt die Duftkennerin. Zudem habe dasUnternehmen nach 1972 viele Hersteller angegliedert. «Ein ganztypischer Duft, der sich durch die ganze DDR zog, war SchwarzerSamt.» Auch er wurde von Florena hergestellt.

Das blau-weiße Logo erinnerte schon damals verdächtig an denwestlichen Creme-Hersteller Nivea. «Es wurde auch ein bisschen in denWesten geschielt», berichtet Zimmermann. Das ostdeutsche Frisson seietwa Diors Poison nachempfunden. Soir de Paris wurde im Osten zuParis am Abend.

Zu Beginn der DDR hätten Namen wie Indisch Lotus oder JapanischeKirchblüte noch den Duft der großen, weiten Welt verheißen. «Da gabes noch die Hoffnung, dass die Leute mal rauskommen aus dem Land»,sagt Zimmermann. Die Namen hätten sich später aber geändert. «Siehätten wahrscheinlich zu große Begehrlichkeiten geweckt.» Fortanbenannten die Macher ihre Düfte eher nach Blumen oder gaben ihnenmenschliche Namen. «Bei Parfüm ist das allerdings schwer», erklärtZimmermann. «Es muss ja mit Luxus assoziiert werden.»

Der war in der DDR allerdings weniger ein Thema. Parfüm sei eherfür die Außenwirkung hergestellt worden, glaubt die 53-Jährige. Um zuzeigen: Wir können mithalten. Überhaupt habe man im Arbeiter- undBauernstaat nur selten Parfüm aufgelegt. «Die Frauen in der DDR warenunabhängig, die gingen arbeiten und hatten es nicht nötig, denMännern zu gefallen.»

Die Männer hingegen hätten eher zu Rasierwasser gegriffen - dannallerdings richtig. «In den 70er Jahren soll es morgens in der S-Bahnunerträglich nach Privileg gerochen haben», berichtet Zimmermann.

Ein Besucher ihres kleinen Museums machte in Sachen Überdosierungseine ganz eigenen Erfahrungen. «Er kam an einem heißen Tag völligverschwitzt im Westen an, um seine Schwiegereltern in spekennenzulernen», erzählt die Sammlerin. Aus lauter Not habe er sichvon oben bis unten mit dem Rasierwasser Petralon eingerieben. «Dasriecht furchtbar», sagt sie. Aber es habe offensichtlichfunktioniert. «Das Mädchen hat ihn geheiratet.»

Und die Sammlerin selbst? Sie ist vor allem von den Flakons derDDR-Düfte beeindruckt. «Es ist ein Stück Design-Geschichte.» Ab undzu schnuppere sie zwar auch an den Fläschchen. Für den täglichenGebrauch sei aber nichts dabei. «Ich habe einen Lieblingsduft, aberdas ist ein Neuer.»

Sammlerin Kerstin Zimmermann steht in ihrem privaten Museum in Radebeul vor ihrer Sammlung der verschiedenen Duftwässer. (FOTO: DPA)
Sammlerin Kerstin Zimmermann steht in ihrem privaten Museum in Radebeul vor ihrer Sammlung der verschiedenen Duftwässer. (FOTO: DPA)
dpa-Zentralbild