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Papageienkrankheit im Südharz Papageienkrankheit im Südharz: Die Angst ist nicht gebannt

Von Beate Thomashausen und Karl-Heinz Klarner 10.06.2005, 19:25

Großleinungen/MZ. - Am Donnerstag dieser Woche annoncierte der Landkreis Sangerhausen inmitten von Familienanzeigen seine dürre Bekanntmachung zum Geflügelhof Großleinungen. Bereits seit April, so Vizelandrat Harald Koch (parteilos), wusste seine Behörde "von den katastrophalen Zuständen" auf dem Hof. Der Amtstierarzt war daraufhin jede Woche in Großleinungen. Die Folgen dieser Amtshandlung sind verheerend: Der Arzt ist schwer erkrankt, liegt auf der Intensivstation des Sangerhäuser Krankenhauses. Der Tierbestand des Hofes konnte nicht gerettet werden - und die Angst der Menschen bleibt.

Auf eine frühere Information der Öffentlichkeit hatte die Kreisverwaltung verzichtet. Denn die, so Koch, hätte Tierschützer auf den Plan gerufen. Und dann "hätten wir die Tiere nicht töten können", sagte Koch. So unterblieb die Information der Bürger zunächst, auch Tipps zum Umgang mit der Krankheit gab es nicht. Selbst dann nicht, als der Amtstierarzt vor zwölf Tagen ins Krankenhaus kam und sich kurze Zeit später der Verdacht der Humanmediziner erhärten sollte, dass er sich seine schwere Krankheit auf dem Hühnerhof geholt hatte. Auch weitere Verdachtsfälle änderten nichts an der Informationspolitik der Kreisbehörde.

Hof ist desinfiziert

Inzwischen geben Fachleute vorsichtig Entwarnung. "Es gibt keinen Grund, die ganze Sache hysterisch zu betrachten", sagt Karl-Friedrich Reckling vom Landesamt für Verbraucherschutz in Magdeburg. Mittlerweile hat eine Spezialfirma die 1 000 Hühner, Küken und anderes Federvieh des Großleinunger Geflügelhofes getötet, der Hof ist desinfiziert worden. Und, so Reckling, "Eier aus dem Supermarkt kann man getrost essen".

Und wie groß ist die Gefahr, später mit Tieren in Kontakt zu kommen, die aus dem Großleinunger Bestand stammen, und sich zu infizieren? "Rund 90 Prozent des verkauften Bestandes haben wir in der Zwischenzeit lokalisiert", sagt Fritz Glaser vom Sangerhäuser Kreisveterinäramt. Diese Tiere werden jetzt von den Veterinärämtern untersucht. Dann werde entschieden, ob sie behandelt oder getötet und entsorgt werden müssen.

Da die Krankheit nur selten ausbricht, hofft Glaser, dass die noch fehlenden Bestände keine weiteren Infektionen verursachen. In Sachsen-Anhalt trat die letzte größere Infektion mit der Papageienkrankheit 1998 auf. Damals hatten fliegende Händler im Kreis Anhalt-Zerbst infizierte Tiere verkauft.

Käufer melden sich

Laut Glaser wurden bislang 1 000 Hühner, Gänse und Enten aus dem illegalen Großleinunger Handel ausfindig gemacht. Nicht zuletzt durch die MZ-Veröffentlichung haben sich besorgte Käufer aus Sachsen-Anhalt und Thüringen gemeldet. Die meisten stammen aus dem Landkreis Sangerhausen. Vereinzelt meldeten sich Käufer unter anderem aus den Kreisen Mansfelder Land und Quedlinburg. Offen ist, wie sich die Krankheit bei den 14 Betroffenen im Kreis Sangerhausen entwickelt. "Es hängt von der Konstitution des Patienten ab, wie schwer oder leicht die Krankheit verläuft. Das ist nicht vorhersehbar", sagt Steffen Beidokat. Der Assistenzarzt im Sangerhäuser Krankenhaus am Rosarium betreut die Ornithose-Patienten. Meist verlaufe die Krankheit wie eine leichte Infektion. Eine mögliche Komplikation ist eine spezielle Form der Lungenentzündung, bei der Lungengewebe betroffen sei.

"Es muss jetzt nicht jeder, der Schnupfen hat und Hühner hält, in Panik verfallen", sagt Beidokat. Wichtig sei es, seinen Hausarzt auf die Möglichkeit dieser Infektionsart hinzuweisen.