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Otto-Dorn-Schule Bernburg Otto-Dorn-Schule Bernburg: Summendes M mit drei Beinen

Von Toralf Grau 04.11.2003, 17:55

Bernburg/MZ. - In der Klasse 2a der Bernburger Otto-Dorn-Schule heißt Schneewittchen eigentlich Nicole. Sie hat es sich auf einer Liege bequem gemacht und wartet, betrauert von sieben Zwergen, auf Königssohn Veit. Der kann sie schließlich aus ihrem tiefen Schlaf wecken und führt sie auf sein Schloss. Glücklich tanzen Schneewittchen, der Prinz und die Zwerge zur Musik vom Kassettenrekorder. "Wunderbar habt ihr das gemacht", loben Klassenleiterin Ursel Müller und Erzieherin Karla Goldenstein.

Seit einigen Tagen schon proben sie mit ihrer 2a das Märchenspiel. Vor Weihnachten soll "Schneewittchen" vor der ganzen Schule aufgeführt werden. Von den kleinen Schauspielern ist dabei ganzer Einsatz gefordert. Denn einfach ist das Texte lesen und auswendig lernen hier für keinen: Die Otto-Dorn-Schule wird von Schülern mit Lernbehinderungen besucht. Das Projekt zum Thema Märchen ist nur ein Weg, mit dem ihnen das Lernen leichter gemacht wird. "Der Unterricht konzentriert sich bei uns stärker auf lebenspraktische Dinge als an anderen Schulen", sagt Direktorin Heidrun Hummel. "Werken, Technik oder Hauswirtschaft spielen eine größere Rolle." Und dennoch stehen bei den 260 Schülern von der ersten bis zur zehnten Klasse vor allem Mathematik und Deutsch, in der Sekundarstufe auch Naturwissenschaften und Englisch auf dem Stundenplan. Viel Engagement sei notwendig, bis Lesen, Schreiben und Rechnen bei allen richtig klappt.

Heidrun Hummel weiß, dass viele Schüler mit Lernproblemen auch an Lese-Rechtschreib- und an Rechenschwäche leiden. Das Verständnis für das Zusammenfügen von Buchstaben zu Wörtern oder für Mengen und Zahlen muss bei ihnen mit besonderen Methoden trainiert werden. Genau dafür haben sich die Lehrer und Erzieher der Schule speziell fortgebildet.

Eine Gebärdensprache hilft nun zum Beispiel den Bernburger Schülern beim Lesen lernen. Das "M" hat da drei Beine und summt, das "I" trägt einen Punkt als Kopf und beim "P" kann man ganz deutlich den Luftzug über der Hand spüren - und an den entsprechenden Gesten sehen. "Mit allen Sinnen sollen die Kinder die Silben erkennen, dann laut sprechen und die Wörter zusammensetzen", erläutert Schulleiterin Hummel.

Damit in jeder Schulstunde der Umgang mit den widerspenstigen Buchstaben und Zahlen verständlich wird, sind alle 39 Lehrer und Erzieher der Otto-Dorn-Schule in Sachen Lese-Rechtschreib- und Rechenschwäche geschult. Die Pädagogen arbeiten eng zusammen: Jeder kennt die Besonderheiten der Schüler und weiß, wo Stärken und wo Schwächen jedes einzelnen liegen. Mädchen und Jungen mit großen Problemen beim Lesen, Schreiben oder Rechnen bekommen einzeln oder in Kleingruppen Förderunterricht.

Doch die Kinder der Otto-Dorn-Schule werden nicht nur in den Unterrichtsstunden gefördert. In Arbeitsgemeinschaften lernen sie, Musikinstrumente zu spielen, sie singen im Chor, modellieren aus Ton, basteln oder üben sich im "dekorativen Gestalten". Von der guten Atmosphäre an der Schule schwärmen Schüler und Lehrer. So wie Erika Marx. Drei Jahre lang unterrichtete die heutige Rentnerin an der Otto-Dorn-Schule Musik. Was ihr besonders gefiel? "Jeder Schüler wird gefördert und gefordert", meint sie, "jedes Kind spürt die ganz besondere Fürsorge."