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Ostdeutscher Sparkassenverband Ostdeutscher Sparkassenverband: "Außenminister" Ermrich wird Präsident

Von Steffen Höhne 27.03.2013, 19:32
Auf dem Weg: Das gediegene Landratszimmer in Halberstadt tauscht Michael Ermrich gegen ein Hochhaus-Büro im Zentrum Berlins.
Auf dem Weg: Das gediegene Landratszimmer in Halberstadt tauscht Michael Ermrich gegen ein Hochhaus-Büro im Zentrum Berlins. Andreas Stedtler Lizenz

Halle/MZ - Es war im Oktober 2011: Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) hatte mehrere Minister und Landräte zum Spitzengespräch eingeladen. Michael Ermrich (CDU) forderte in kleiner Runde, die Landeszuschüsse für die Kreise nicht zu stark zu kürzen. Daraufhin soll Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD) Haseloff angeraunzt haben: „Das ist nicht die Geschäftsgrundlage.“ Bullerjahn wollte nur über die Kommunalaufsicht sprechen und verließ nach Angaben von Augenzeugen ärgerlich den Raum. Später sagte der Minister: „Ich hatte ein wichtiges Telefonat.“ Andere sprachen von einem kleinen Eklat.

Vom gediegenen Landratszimmer in den Büroturm

Geht es um die Zukunft des Landkreises Harz, geht Landrat Ermrich keinem Streit aus dem Weg. Er poltert nicht, tritt eher zurückhaltend auf, kann in der Sache jedoch knallhart sein. Ermrich ist kein Politiker, der anderen ständig auf die Schultern klopft oder mit Reden Säle zum Kochen bringt. Dennoch ist er beliebt: Mit mehr als 20 Jahren Amtszeit ist er einer der dienstältesten Landräte der Republik. Die Langstrecke liegt dem passionierten Läufer, der keinen Rennsteiglauf auslässt, im Blut. Sein gediegenes Landratszimmer in Halberstadt mit Harzbildern an der Wand und etwas in die Jahre gekommenen Möbeln wird der 59-Jährige gegen ein schickes Arbeitszimmer in einem Büroturm im Zentrum Berlins tauschen.

Die Verbandsversammlung des Ostdeutschen Sparkassenverbands (OSV) hat Ermrich am Dienstag in Potsdam mit großer Mehrheit als künftigen Geschäftsführenden Präsidenten gewählt. Er folgt Anfang Juni auf Claus Friedrich Holtmann. Erstmals rückt damit ein Nicht-Banker an die Spitze des Verbandes, der die Interessen von 46 ostdeutsche Sparkassen vertritt. Dies überraschte viele im Vorfeld. Denn der 63 Jahre alte Holtmann hätte - trotz einer zwischenzeitlichen Erkrankung - sicher nichts gegen eine Rente mit 67 gehabt. Doch die ostdeutschen Kommunen schlugen einen der ihren vor.

Wer ist dieser Landrat? Und kann er auch Banker sein? Der in Halberstadt geborene Ermrich wuchs in Elbingerode auf. Mit Politik hatte der Katholik zunächst wenig am Hut. Er studierte in Thüringen an der TU Ilmenau Elektrotechnik und promovierte anschließend auf dem Gebiet der elektronischen Schaltungstechnik. Später ging er zurück in den Harz und arbeite bis 1990 als Abteilungsleiter Rationalisierungsmittelbau im Gießerei- und Ofenbau in Königshütte.

Positive wirtschaftliche Bilanz

Nach der Wende plante Ermrich, in die Selbstständigkeit zu gehen, bewarb sich dann aber doch als Oberkreisdirektor. „Ich wollte mich in dieser Zeit politisch einbringen“, sagt er rückblickend. So setzte er sich damals mit den Direktoren der großen Betriebe an einen Tisch, um deren Bestehen zu sichern. „Durch Kooperationen wurde hier manches erhalten, was woanders kaputt ging.“ Die Hochschule Harz in Wernigerode war im Jahr 1991 die erste Neugründung in Sachsen-Anhalt. „Mit Informatik, Tourismus und Betriebswirtschaft bekam diese ein Profil, das der Region wirtschaftlich half.“

Im Zuge der Hartz-IV-Reformen entschied der Landrat auch, dass der Kreis die Betreuung der Arbeitslosengeld-II-Empfänger selbst übernimmt. Kein einfacher Weg. „Unsere Verwaltung ist nah dran an den Problemen der Region und kann schnell darauf reagieren“, begründet er die Entscheidung. Die wirtschaftliche Bilanz des Landkreises ist auf jeden Fall positiv: Der Harz hat mit 10,7 Prozent eine der niedrigsten Arbeitslosenquoten in Sachsen-Anhalt.

Um zusätzliche Ämter kann der Vater von vier Töchtern, der verwitwet ist, offenbar nur schwer einen Bogen machen. Er ist unter anderem Präsident des Landkreistages Sachsen-Anhalt, Vize des Deutschen Landkreistages und sitzt zudem im Vorstand des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes. Seinen vielfältigen Kontakten ist es wohl auch geschuldet, dass man ihn auf den Schild des Ost-Sparkassenverbandes hebt. Der Landrat des Burgenlandkreises, Harri Reiche (parteilos), sagt: „Ermrich ist eine Führungspersönlichkeit.“ Er kenne die Bedürfnisse sowohl der kommunalen Seite als auch der Sparkassen.

Die Wahl ist dennoch kein Selbstläufer gewesen. Nach einem Bericht des Finanzjournals „Platow“ haben die kommunalen Vertreter das Vorschlagsrecht für den Nachfolger Holtmanns den Sparkassen abgetrotzt. Den kommunalen Granden war der schwergewichtige Holtmann offenbar etwas zu selbstständig geworden. In anderen deutschen Sparkassen-Verbänden ist es üblich, dass ein „Politiker“ an der Spitze steht.

Lebensgefährtin im Bundestag

Der Vorstandschef der Sparkasse Mansfeld-Südharz, Hans Ulrich Weiss, hat damit kein Problem: „Herr Ermich ist eine gute Wahl.“ Die ostdeutschen Sparkassen benötigen einen obersten Vertreter, der ihre Anliegen in Deutschland offensiv vertritt und Gehör findet. Er sei eine Art „Außenminister für den Verband“. Fachlich stehe ihm für alle Bankangelegenheiten Verbandsgeschäftsführer Wolfgang Zender bei.

Ähnlich sieht es Ermrich: Er spricht von einer Art Doppelspitze, die ein Ziel habe: Die Sparkassen wirtschaftlich voranzubringen und kommunal zu verankern. So hat die EU ein Problem damit, dass die Institute durch ihre Anteilseigner vor jeder Art von Übernahme geschützt sind und Gewinne nur in Form von Spenden und Sponsoring ausgeschüttet werden. Dies stört auch immer öfter Anteilseigner in Deutschland. Ermrich soll hier Erwartungen wohl eher dämpfen.

Den Landrat reizt die Aufgabe: „Wenn ich nicht überzeugt wäre, dass ich die Aufgaben bewältigen kann, würde ich es nicht machen.“ Der Abschied als Landrat falle ihm dennoch schwer. Alleine wird er die Abende in Berlin aber wohl selten verbringen müssen. Seine Lebensgefährtin Heike Brehmer vertritt den Harz seit 2009 als Bundestagsabgeordnete für die CDU. Und beim Laufen fällt dann der Blick eben auf die Spree statt auf den Brocken. Kann auch schön sein.