Kommentar zum Thüringer Landtag Noch nicht arbeitsfähig, aber schon blamiert
Die konstituierende Sitzung des Landtags in Thüringen zeigt, wie eine erstarkte AfD agieren kann.
Erfurt/MZ - Die konstituierende Sitzung des Thüringer Landtages gibt einen Vorgeschmack auf das, was passieren kann, wenn die AfD so stark wird, dass sie in die Nähe der Macht kommt. In Erfurt hat die dort als rechtsextrem eingestufte Partei am Donnerstag verzögert, taktiert, andere Fraktionen ignoriert – und auf ein Recht gepocht, das sie nicht hat. Ja, sie darf als stärkste Fraktion eine Kandidatin für das Amt der Landtagspräsidentin vorschlagen. Nein, sie hat kein Anrecht darauf, dass diese Kandidatin auch gewählt wird. Sie suggeriert aber stets, das Amt stehe ihr als stärkster Kraft quasi automatisch zu.
So bitter es klingt: Die übrigen Parteien haben der AfD ein Stück weit den Raum gelassen, sich so aufzuführen wie am Donnerstag im Plenum. Lange vor der Landtagswahl hatten Juristen und Verfassungsexperten vielfältige Hinweise darauf gegeben, wie sich die Institutionen der Demokratie im Freistaat krisenfest machen lassen würden, um eine starke AfD einzuhegen, ohne sie in ihren demokratischen Rechten zu beschneiden. Das betrifft auch die Wahl des Landtagspräsidenten: Die Geschäftsordnung so zu ändern, dass alle Fraktionen von vornherein vorschlagsberechtigt sind, das hätte auch der alte Landtag erledigen können. Stattdessen muss nun das Landesverfassungsgericht eingreifen. Der Thüringer Landtag ist noch nicht arbeitsfähig, aber bereits gründlich blamiert.