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Neues Brand-Frühwarnsystem Neues Brand-Frühwarnsystem: Förster kämpfen mit Weltraum-Technik gegen Feuer

Von Kai Gauselmann 16.08.2004, 19:01

Genthin/MZ. - Wolfgang Steffens Hände sind rau und schwielig - von der Arbeit im Wald. Jahrelang hat der Waldarbeiter mit Kettensäge und Axt Bäume gefällt. Statt Axtgriff hat der 55-Jährige jetzt eine Computer-Maus in der Hand und starrt im Forstamt Genthin auf einen Monitor, der ein graues Bild zeigt. Steffen, der noch nie zuvor am Computer saß, ist nun ein High-Tech-Hüter der Wälder: Er späht mit zwei hochmodernen Kameras 15 Kilometer weit über die Wipfel der Bäume rings um Genthin und Tangerhütte. Das ist "Firewatch", die neue Waldbrandfrüherkennung des Landesforstbetriebes.

Das lange Sitzen sei ungewohnt, der Job aber angenehmer als früher. Da musste der Waldarbeiter bei Warnstufe Vier als Feuermelder mit einem Fernglas auf einen 32 Meter hohen Turm kraxeln. "Das war dolle anstrengend." Denn Stufe Vier gibt es meist im Hochsommer, wenn die Temperaturen auf 30 Grad klettern. Im Turm seien es dann bis zu 50 Grad gewesen. "Das war wie in der Sauna, da saß ich dann nur in der Unterhose."

Heinz-Werner Streletzki hat dafür gesorgt, dass Steffen nicht mehr nur in Unterhose arbeiten muss. Der Chef des Landesforstbetriebs lässt in besonders gefährdeten Gebieten Wachtürme durch Kameras ersetzen, in den anderen werden sie vorerst weiter genutzt. Das Genthiner System ist seit Mai diesen Jahres aktiv, 2005 sollen Kameras im Altmarkkreis Salzwedel und Landkreis Wittenberg folgen und bis 2006 zehn Kameras arbeiten (siehe Grafik). "Das sind Gebiete der Waldbrandklasse A", begründet Streletzki die Ortswahl. Die Umrüstung auf Kameras ist das Ergebnis einer Kostenrechnung. Die 38 Wachtürme aus DDR-Zeiten seien marode und sie zu sanieren, koste 1,5 Millionen Euro. Das Kamerasystem zu installieren nur eine Million Euro - wobei die Hälfte auch noch die EU fördert.

Die pro Stück 65 000 Euro teuren Kameras wurden für die Weltraumforschung entwickelt und haben mit einer Videokamera wenig gemein. Sie drehen sich ständig im

Kreis und liefern schwarz-weiß Standbilder von einzelnen Abschnitten. Der Computer setzt die Bilder zu einer 360 Grad-Panoramaansicht zusammen. Das System meldet automatisch, wann und wo sich die Graustufen ändern - also Rauch aufsteigt. Die Stelle muss Steffen begutachten und feststellen, ob es dort wirklich qualmt. Ist das der Fall, meldet er die Koordinaten an die Feuerwehr. "Aber gerade jetzt sind das oft nur Staubwolken von Erntemaschinen", sagt Steffen. Eine Kamera schaut zwar 15 Kilometer weit - aber nicht in Schlafzimmer, versichert er. "Da sieht man nix." Die Kameras könnten sich zwar um die eigene Achse drehen, aber nicht nach oben und unten schwenken. "Die Kameras gucken nur über die Baumwipfel, am Horizont entlang", versichert Streletzki. "Der Datenschutzbeauftragte hat sich die Anlage angeschaut und hat keine Bedenken."

Computer und Weltraum-Kameras - manchmal entdeckt Steffen trotz nüchterner Hightech-Ausrüstung noch ein bisschen Waldromantik. "Abends um halb Neun, wenn die Sonne untergeht, wenn ich das dann auf dem Foto sehe - das ist ganz was Feines. Die Sonne leuchtet so aus dem Wald heraus. Sie sieht dann aus wie ein Ufo."