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Metro-Mörder Metro-Mörder: Leises Ende einer gefährlichen Liebe

Von Steffen Reichert 09.12.2002, 18:42

Vechta/MZ. - Der 17. Juli ist herrlich - und das nicht nur des Wetters wegen. Am Morgen jenes Mittwochs öffnen sich in der Kleinstadt Vechta die Gefängnistore für eine 25-jährige Frau, die gut zwei Jahre zuvor wegen Beihilfe zum dreifachen Mord zu sechs Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden war: Sandra Franz, Frau des Metro-Mörders Norman, ist wieder frei. Doch ihr Mann, einer der meist gesuchten deutschen Verbrecher, ist weiter auf der Flucht. "Wir haben", so der Sprecher des Landeskriminalamts Düsseldorf, Frederick Holtkamp, "keine Spur". Doch er sei zuversichtlich: "Unsere Zielfahnder erwischen jeden."

Die Geschichte von Sandra und Norman Volker Franz ist eine Geschichte von Liebe und Abhängigkeiten, von Mord und Flucht, von Festnahmen und Gefängnisausbrüchen. Am 26. März 1997 kommt der schon zuvor wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilte heute 32-jährige Franz mit seiner Frau nach Weimar, wo er bei einem Geldüberfall einen Wachmann erschießt. Drei Monate später erschießt Franz bei einem Überfall auf den halleschen Metro-Großmarkt zwei Geldboten und erbeutet Riesenmengen Geld.

Franz ist kaltblütig und skrupellos wie selten jemand: Während um den Tatort Fahndungsringe gezogen werden, mietet sich das mordende Pärchen innerhalb des Ringes in einem Hotel ein. Dem Ehepaar Franz gelingt die Flucht nach Portugal, jenem südlichen Sonnenland, das bei drohender lebenslanger Haft nicht ausliefert.

Doch die Zielfahnder spüren die beiden auf und verhaften sie. Während Franz der Ausbruch aus der Haftanstalt gelingt, stimmt seine Frau wenig später der Auslieferung nach Deutschland. Sie ist inzwischen Mutter des heute fast fünfjährigen Mike. Sandra Franz, die ihren Mann über alles liebt, wird schließlich - begleitet von einem ungekannten Sicherheitsrummel - nach Halle geflogen: Auf den Kreuzungen stehen Beamte mit Maschinenpistolen, das Gerichtsgebäude wird von einem Spezialeinsatzkommando der Polizei bewacht. Der Grund ist offenkundig. Niemand will ausschließen, dass Franz an die Saale kommt, um seine Jugendliebe und den gemeinsamen Sohn zu befreien. Doch er bleibt verschwunden, ist weiter auf der Flucht. Was ihn treibt, was er denkt, weiß niemand. Nicht mal seine Mutter. "Was soll ich ihm raten", ist Ingrid S. selber ratlos.

Verurteilt im April des Jahres 2000, wird Sandra Franz schon bald ins nordrhein-westfälische Vechta überführt. Die 28000-Seelen-Kleinstadt hat neben Berlin deutschlandweit das einzige Gefängnis, in dem Mutter und Kind gemeinsam untergebracht werden dürfen. Sandra Franz bekommt schon bald Freigang und einen Job, den sie aber schnell wieder verliert, weil eine Boulevardzeitung ihr Foto riesengroß veröffentlicht. Der Weg in die Freiheit, auch in die innere Unabhängigkeit ist schwer. "Aber ich bin sicher, dass sie sich innerlich gelöst hat", sagt die hallesche Rechtsanwältin Sabine Grunow. Sie hat der jungen Frau in unzähligen Gesprächen klar gemacht, dass sie vor allem an das Kind und an sich denken muss. Und so ist es am Ende wenig überraschend, dass sich die junge Frau im Gefängnis schließlich scheiden lassen. Sie nimmt eine Wohnung. Sie lebt mit einer Frau zusammen. Und vor allem sucht sie die Ruhe.