Luftverkehr Luftverkehr: Altenburg droht der Absturz
ALTENBURG/MZ. - Es wirkt wie ein verzweifelter Aufschrei. In knallroter Farbe und Großbuchstaben pinselt eine Mitarbeiterin des Flugplatzes in Altenburg-Nobitz an die weiße Wand im schmucklosen Terminal: "Rettungsaktion, damit es weiter geht". Daneben klebt sie einen Aushang, auf dem jeder Fluggast um eine Spende gebeten wird, versehen mit dem Hinweis: "Die Thüringer Landesregierung will unseren Flugplatz platt machen". Unterschrieben ist das ganze mit "Leipzig-Altenburg Airport". Bei der kämpferischen Mitarbeiterin handelt es sich um Jana Fuchs, Sprecherin des Flughafens. "Ich fürchte wie alle anderen um meinen Job", sagt sie. "Doch so leicht lassen wir uns nicht unterkriegen."
Käufer für Anteile gesucht
Tatsächlich droht dem Flughafen, der nur vom Billigflieger Ryanair angesteuert wird, der Absturz. Das Land Thüringen will den Altenburgern den Geldhahn zudrehen: Man werde sich auch künftig nicht an dem hoch defizitären Flughafen beteiligen und die Förderung ab 2011 einstellen, sagte Verkehrsminister Christian Carius (CDU) bei der Vorstellung einer Wirtschaftlichkeitsstudie (die MZ berichtete). Derzeit wird der Flugplatz vom Land mit jährlich 250 000 Euro für die Fluglotsen unterstützt. "Der Freistaat Thüringen hat seit 1992 rund 17 Millionen Euro in den Leipzig-Altenburg Airport investiert", betonte Carius. Dennoch seien die Flugplatzbetreiber "an der Grenze der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit angelangt". Die Stadtwerke Altenburg wollen ihren 19-Prozent-Anteil so schnell wie möglich loswerden. Der Kreis Altenburger Land sucht seit Monaten nach Käufern für seine Mehrheitsanteile.
Die vom Land in Auftrag gegebene Studie rät den Betreibern, sich vom Billigflieger-Modell zu verabschieden. Stattdessen solle man sich auf den Geschäftsverkehr und die Ansiedlung von Unternehmen konzentrieren. So könne es eine Zukunft ohne Extrazuschüsse geben. Andernfalls würden weiter hohe Subventionen benötigt.
Der Flughafen, der seit Jahren rote Zahlen schreibt, ist nicht erst jetzt umstritten. In Altenburg würden Gewinne einer einzelnen Fluggesellschaft vom Steuerzahler finanziert, monieren Kritiker. Eine wirtschaftliche Perspektive sei nicht erkennbar. Ende 2009 war der kleine Airport in heftige Turbulenzen geraten, als das Land Zuschüsse für einen weiteren Ausbau und für das Marketing stoppte.
Passagiere, die zum ersten Mal von Altenburg aus fliegen, sind nicht selten überrascht: Außer der kleinen Abfertigungshalle, einer Gaststätte, Tower und Parkplatz gibt es nicht viel auf dem Flughafengelände, das mitten in der Provinz hinter einem Wäldchen liegt. Statt Trubel herrscht hier oft gähnende Leere - gerade im Winter, wenn nur dreimal pro Woche ein Flieger nach London abhebt.
Altenburgs Landrat Sieghardt Rydzewski (parteilos), Aufsichtsratschef der Flugplatzgesellschaft, ist über das gerade vorgestellte Gutachten stinksauer: Es sei bestellt. Statt auf die Effekte für ganz Mitteldeutschland zu schauen, beschränke es sich auf den Nutzen für Thüringen. Es sei unsinnig, den Geschäftsbetrieb ohne Luftverkehr aufrecht zu erhalten. "Wir werden Krawall schlagen und sichtbar machen, was für eine miese und inkompetente Landespolitik hier gemacht wird." Das Land habe vor allem den - ebenfalls defizitären - Erfurter Flughafen im Blick, dessen Hauptanteilseigner es ist. Obwohl der Winterflugplan stehe, sei nun unklar, wie es ohne Landesmittel ab Januar mit dem Linienflugverkehr weitergehen soll, sagt Flughafenchef Jürgen Grahmann. 250 Arbeitsplätze seien in Gefahr.
Mitarbeiter bangen um ihre Jobs
Unter den Mitarbeitern wird bereits darüber gesprochen, wie es beruflich woanders weitergehen könnte, erzählt eine von ihnen. "Wenn Ryanair hier nicht mehr fliegt, sind unsere Jobs weg", sagt sie. "Doch man klammert sich an die Hoffnung, dass sich - ich weiß zwar nicht, wie - irgendeine Lösung findet." Krisen habe es ja schon einige gegeben. "Über eine Schließung wäre ich sehr traurig", sagt auch Ingrid Zimmermann aus Zella-Mehlis. Die 75-Jährige besucht von Altenburg aus regelmäßig Verwandte in Barcelona. "Das ist für mich die günstigste Verbindung." Dass sich die Altenburger vorerst nicht geschlagen geben werden, ist sicher: Laut Medienberichten wird die Gründung einer Bürgerinitiative zur Rettung des Flughafens vorbereitet.