1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Leipziger Messehöfe: Leipziger Messehöfe: Prächtige Paläste in der Innenstadt

Leipziger Messehöfe Leipziger Messehöfe: Prächtige Paläste in der Innenstadt

Von ALEXANDER SCHIERHOLZ 29.06.2015, 15:38
Barthels Hof aus der Hochzeit der Warenmesse
Barthels Hof aus der Hochzeit der Warenmesse Stedtler Lizenz

Leipzig - Am "Städtischen Kaufhaus" in Leipzigs Innenstadt brummt es. Flaneure sitzen vor Cafés und Bars in der Sonne, Studenten geben sich an den Treppenaufgängen zu diversen Uni-Instituten die Klinke in die Hand. Ob sie wissen, dass sie in einer Art Prototyp lernen?

Rundgang mit Wolfgang Hocquél, dem Geschäftsführer der Leipziger Kulturstiftung. Er kennt die Geschichte der innerstädtischen Messehäuser wie kein Zweiter. "Das 1893 bis 1901 erbaute ,Städtische Kaufhaus' war der erste neuartige Messepalast für die Mustermessen", erzählt er. Weitere entstanden in rascher Folge in wenigen Jahren. Zu Hochzeiten zählte Leipzig mehr als 30 Messepaläste in der Innenstadt. "Diese rasante Entwicklung ist europaweit einmalig", sagt Hocquél.

Heute sorgen die prächtigen Messehöfe für ein unvergleichliches Flair. Das hat mit einer weiteren Leipziger Besonderheit zu tun. Viele der Paläste sind mit Passagen versehen, in denen sich Geschäft an Restaurant reiht. Wer will, kann so an Regentagen trockenen Fußes in großen Teilen der City flanieren.

Unten Trubel, oben leer

Ein geniales Bauprinzip, das so nur in Leipzig verwirklicht wurde: Dank der Läden in den Passagen herrschte wenigstens im Erdgeschoss der Messepaläste dauerhaft Leben, während die Ausstellungsräume in den oberen Etagen nur zu Messezeiten genutzt wurden und sonst leer standen.

Ohne Emil Franz Hänsel wäre es wohl nicht so weit gekommen. Der Leipziger Architekt zeichnet verantwortlich für die erste bedeutende Passage dieser Art - Specks Hof, erbaut in drei Abschnitten zwischen 1908 und 1929. "Die Idee, Passagen in den Messepalästen zu integrieren, stammt im Grunde von ihm", sagt Hocquél.

"Flaggschiff unter den älteren deutschen Passagen"

Heute kann man in Specks Hof Kaffee trinken, Bücher, Wein oder Krawatten kaufen. In den Obergeschossen haben Anwälte, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer ihre Büros. Ähnlich sieht es in vielen Messepalästen aus, von denen die Mädler-Passage am bekanntesten sein dürfte. Hocquél nennt sie "das Flaggschiff unter den älteren deutschen Passagen" und die bedeutendste ihrer Art in Deutschland. Dabei sei zur Zeit ihres Baus, zwischen 1912 und 1914, die Hochzeit der Passagen schon lange vorbei gewesen. Bei Mädler lockt heute gehobener Einzelhandel - Feinkost, Schmuck, Lederwaren. Und mit "Auerbachs Keller" eines der berühmtesten Lokale in der ganzen Stadt.

Viele Messepaläste sind mit ihren prächtigen Fassaden schon von außen eine Augenweide. Doch auch drinnen gibt es viel zu schauen. In der Mädler-Passage und in Specks Hof etwa wurden bei der Sanierung in den 1990er Jahren etliche Einbauten - Türen, Schaufenster oder Wandfliesen - im Original erhalten.

Götze, Grützke, Griesel

In Specks Hof treffen kunstinteressierte Hallenser sogar auf einen alten Bekannten. Moritz Götze erzählt im mittleren der drei Höfe in einer Art Bilderbogen die Geschichte der Leipziger Messe. Die anderen beiden Höfe locken mit Werken der Maler Johannes Grützke und Bruno Griesel. Um diese spezielle Form der Kunst am Bau betrachten zu können, muss man allerdings den Kopf in den Nacken legen und den Blick nach oben richten.

Weiter geht der Rundgang mit Wolfgang Hocquél quer über den Leipziger Marktplatz zu Barthels Hof. Auch eine Passage, allerdings etwas anderer Art. Durch Torbögen führt der Weg in einen prächtigen barocken Innenhof. Auch hier finden Passanten Geschäfte, ein Restaurant, ein Kabarett. Wo heute Schaufenster sind, befanden sich laut Hocquél früher mit Eisentüren verschließbare sogenannte Kaufgewölbe. Dort konnten Waren präsentiert und gleich erworben werden. "Solche Höfe waren zur Messezeit wie kleine Märkte für sich", erzählt Hocquél.

Barthels Hof gilt als der letzte noch erhaltene Durchgangshof aus der Hochzeit der Warenmesse. Älter somit als die imposanten Paläste wie das Städtische Kaufhaus, Specks Hof oder die Mädler-Passage. Aber nicht weniger bedeutend für die Geschichte der Messehöfe in Leipzigs Innenstadt.

Der Zentral-Messepalast wurde 1914 fertiggestellt.
Der Zentral-Messepalast wurde 1914 fertiggestellt.
Stedtler Lizenz