Gängige Praxis? Kritik nach Verfütterung von Zebra an Löwen - Leipzigs Zoodirektor fordert mehr Akzeptanz
Vor den Augen der Besucher wurde im Leipziger Zoo ein Zebra den Löwen zum Fraß vorgesetzt. Dafür steht dieser nun in scharfer Kritik. Leipzigs Zoodirektor Jörg Junhold fordert nun mehr Akzeptanz für diese bei Huftieren "geübte Praxis".
Leipzig - Der Leipziger Zoo wehrt sich gegen scharfe Kritik, nachdem dort im März ein geschlachteter Zebra-Hengst vor Besuchern an Löwen verfüttert wurde. Vor der Schlachtung des 15 Jahre alten Tiers habe der Zoo ein Jahr lang versucht, den Hengst anderweitig unterzubringen, sagte der Direktor des Leipziger Zoos, Jörg Junhold am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. "Das ist nicht gelungen, weil in anderen Zoos kein Platz war. Die in diesen Fällen letzte Option - eine Tötung zur Verfütterung an Raubtiere - ist geübte Praxis." Was bei den Leipziger Zoogästen gerade jedoch überwiege, sei Entsetzen und Erstaunen.
Ausgelöst wurde die Diskussion nach dem Bekanntwerden der Versetzung eines Tierpflegers. Dieser war regelmäßig in der MDR-Sendung "Elefant, Tiger und Co" zu sehen. Zu den Gründen der Versetzung des Pflegers äußerte sich Junhold nicht: "Ich kann die Aufregung oder das Interesse verstehen - in gewisser Weise die Emotionen. Wir möchten aber auch um Verständnis werben, dass wir sensible Dinge nicht nach außen geben."
Tiere würden in Zoos dann getötet, wenn beispielsweise Rangkämpfen innerhalb einer Herde drohten, erklärt der Direktor des Zoos Wuppertal, Arne Lawrenz. 2014 hatte die Tötung und Verfütterung einer Giraffe im Zoo von Kopenhagen weltweit für Aufruhr gesorgt. "Im Zoo sind wir eben besser als in der Natur. Bei uns überleben die meisten Tiere und dann müssen wir eingreifen", so der Tierarzt.
Im Vordergrund stehe dabei immer das Wohl aller Tiere. "Auch das des getöteten Tiers. Vor seiner Schlachtung hatte es ein gutes Leben im Zoo - im Gegensatz zu vielen anderen Tieren aus großen Zuchten. Es zu verfüttern ist sinnvoll und richtig - allein schon, weil das Fleisch eine gute Qualität hat."
Zebra an Löwen im Zoo Leipzig verfüttert: Bald gängige Praxix auch mit Elefanten oder Pandas?
Ganz oder in größeren Stücken - und damit für die Besucher klar zu erkennen - sei der Tierkadaver auch Beschäftigung und Schulung für die Fleischfresser. "Natürlich tut es mir für das tote Tier leid, das ist aber der Kreislauf des Lebens und den müssen wir den Menschen auch zeigen", sagte Lawrenz.
Für viele Gäste seien einige Tiere, wie zum Beispiel Ratten, einfacher als Futter zu akzeptieren. "In Zukunft werden wir aber nicht drumherum kommen, zum Beispiel auch Elefanten oder Pandas zu töten und zu verfüttern. Das kann ich mir heute zwar auch noch nicht vorstellen, ist aber für eine stabile und gesunde Population unabdingbar."
Dass ein Zebra verfüttert werde, zeige, welch geringen Stellenwert die Tiere für Zoo-Verantwortliche hätten, kritisierte hingegen die Tierrechtsorganisation Peta auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Unbestritten brauche ein Löwe Fleisch, um zu überleben, daher sei die Verfütterung eines Zebras aus Tierschutzsicht nicht schlimmer, als Fleisch im Großhandel zu kaufen, sagte Wildtier-Experte Peter Höffken. "Beides ist gleichermaßen sinnlos, denn Löwen haben in Deutschland nichts zu suchen", ergänzte er. Die Tiere würden nur in Zoos gehalten, um Besucher anzulocken.
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Das Futter durch die Schlachtung eigener Zootiere zu ergänzen, ist sinnvoll und gesund, findet indes der Geschäftsführer des Verbands der Zoologischen Gärten (VdZ), Volker Homes. "Dennoch, die Entscheidung fällt niemandem leicht und wird nur nach sorgfältiger Abwägung getroffen." Der Tod jedes Tiers solle "so sinnvoll wie möglich sein", sagte er. Meist werde die Verfütterung von Zootieren an andere Zootiere von Besuchern in Zoos wertschätzend angenommen. Junhold ist Präsident des Verbandes.
Zoo in Nürnberg klärt über Praxis des Tötens und Verfütterns auf
So auch in Nürnberg. Dort sorge das Verfüttern der eigenen Tiere schon lange nicht mehr für negative Reaktionen, sagte der Direktor Tiergartens, Dag Encke, der auch Vize-Präsident des VdZ ist. "Es gibt gute fachliche Gründe dafür. Diese müssen wir der Gesellschaft aber auch näherbringen." In Nürnberg und Wuppertal sei man damit vergleichsweise weit.
Um den Bestand der als bedroht geltenden Somali-Wildesel zu schützen, sei in Nürnberg 1998 das erste Mal ein überzähliges Tier getötet worden. "In den 25 Jahren danach folgte ein gut vorbereiteter Prozess, um unserem Bildungsauftrag auch in diesem Thema nachgehen zu können", sagte Encke. Heute arbeite der Tierpark sogar daran, den Anteil des eigens gezüchtet und geschlachteten Fleischs stetig zu erhöhen. "Das ist einfach besseres Fleisch als das aus der Massentierhaltung."
Über die Praxis des Tötens und Verfütterns aufzuklären, sei in Nürnberg heute Alltag, sagte Encke. "Wenn wir ein Tier aus der Herde nehmen, schreiben wir das zum Beispiel auch auf Infotafeln." Die Gesellschaft über das Töten und Verfüttern aufzuklären, daran wolle man auch in Leipzig weiter arbeiten. "Wir brauchen in dem Punkt gesellschaftliche Akzeptanz", sagte Junhold. So sei beispielsweise mediale Begleitung geplant.