Panometer Leipzig Titanic von Yadegar Asisi in Leipzig.: Gigantisches Wrack vorgestellt

Leipzig - Die Besucher befinden sich rund 3.800 Meter unter dem Meeresspiegel auf Höhe der Titanic. Rund um das gesunkene Luxusschiff, das in zwei Teile zerbrochen ist, liegen technisches Equipment und Gepäckstücke verteilt. Eine Sitzbank ragt aus dem Meeresboden.
Die Stimmung ist mystisch, schon allein wegen der eigens für das Panorama kreierten Komposition des belgischen Musikers Eric Babak. Unterstrichen wird die wechselnde Geräuschkulisse vom künstlich geschaffenen Lichtszenario, das dem einer großangelegten Expedition nachempfunden ist. Mal erstrahlt das Wrack in kühlem Blau, ein andermal in intensivem Rot.
Einen Bleistift und ein Blatt Papier - mehr brauchte der Künstler Yadegar Asisi für den ersten Entwurf des Rundbildes nicht. Am Ende ist es 32 Meter hoch und misst in etwa die Länge eines Fußballfeldes.
Titanic im Panometer Leipzig: „Sinnbild für die Hybris des Menschen“
Im Maßstab 1:1 führt es zum Wrack der Titanic. Von der ersten Skizze bis zur Fertigstellung allerdings vergehen Jahre im Atelier des gebürtigen Wieners. Im Fall seines aktuellen Panoramas „Titanic - die Versprechen der Moderne“, das ab Samstag im Panometer Leipzig ausgestellt wird, waren es fünf.
Findet der Künstler ein Thema, das ihn nicht mehr loslässt, beginnt er zu forschen, fragt sich nach der Motivation, aus der heraus das spätere Panorama entstehen soll und denkt über die Stimmung nach, die er erzeugen möchte.
„Erst wenn ich das ’Warum’ für mich geklärt habe, beginnt der wirkliche Prozess“, sagt Asisi. Am Luxusdampfer habe ihn nicht das eigentliche Schiffsunglück vor der Küste Neufundlands interessiert, sondern das übersteigerte Streben der Menschen in Verkennung der eigenen Möglichkeiten.
„Die Titanic steht für mich einerseits für eine außergewöhnliche Ingenieursleistung, andererseits ist ihr Schicksal ein Sinnbild für die Hybris des Menschen“, sagt der Künstler.
Titanic im Panometer Leipzig: Asisi hat gesunkenes Luxusschiff nicht besichtigt
Bis zu 50.000 Fotografien, Zeichnungen, Skizzen und Malerarbeiten bilden die Grundlage für jedes Asisi-Panorama. Um dieses Material zusammenzutragen, unternimmt der Künstler oftmals aufwendige Recherche- und Fotoreisen: zum Beispiel nach Australien für sein zuletzt veröffentlichtes Panorama „Great Barrier Reef“, das ebenfalls in Leipzig ausgestellt wurde.
Für sein aktuelles Panorama allerdings musste er nicht zum Meeresboden des Nordatlantiks reisen. Die gesunkene Titanic hat der gebürtige Wiener zu seinem Bedauern nämlich nie besuchen können.
Vor sechs Jahren habe er sich zwar für einen U-Boot-Tauchgang zum Dampfschiff, das in 3.800 Metern Tiefe auf Grund liegt, angemeldet, bis heute jedoch keine Rückmeldung erhalten.
Titanic im Panometer Leipzig: 3D-Modell dauerte drei Jahre
Mittlerweile sind Expeditionen zum Wrack ohnehin sehr schwierig, da es zahlreiche Einschränkungen gibt. „Das war das erste Mal, dass ich nicht wirklich an dem Ort war, den ich auf meinem Panorama zeige“, sagt Asisi.
Er hätte den Tauchgang zwar gern unternommen, für die Realisierung des Projektes sei dieser aber nicht entscheidend gewesen. Stattdessen holte sich Asisi einige „Titanic-Experten“ mit ins Boot.
Das Titanic-Panorama wird im Panometer, Richard-Lehmann- Straße 114, 04275 Leipzig ausgestellt. Di-Fr: 10-17 Uhr; Sa, So u. Feiertage: 10-18 Uhr
Tel.: 0341/355 53 40
Internet: www.panometer.de
Günter Bäbler vom Titanic-Verein Schweiz beispielsweise, der wichtige fachliche Hinweise beisteuerte und einen Bonner Enthusiasten des Passagierschiffes. Dieser fertigte dem Team um Asisi am Computer ein exaktes 3D-Modell des Luxusdampfers an, an dessen Fertigstellung er allein drei Jahre arbeitete.
Der Vorteil von 3D-Modellen ist, dass sich perspektivische Verzerrungen besser darstellen lassen als mit einer Skizze auf Papier. Um die Oberfläche der Titanic nachzuempfinden, arbeiteten der Künstler und sein Team außerdem mit tausenden Fotos des gesunkenen Schiffes.
Titanic im Panometer Leipzig: Mehrfach überarbeiter bis zur Fertigstellung
„Sie müssen ja nur mal im Internet danach suchen - da finden sie schon unzählige“, sagt Asisi. Die Nacharbeit am 3D-Modell, darunter vor allem die Einarbeitung einzelner Elemente, dauerte weitere zwei Jahre.
Hilfreich seien zudem die reproduzierten Konstruktionspläne der „RMS Titanic“ von der Werft „Harland & Wolff“ aus Belfast gewesen, die obendrein erstmals öffentlich auch in der begleitenden Ausstellung im Panometer Leipzig zu sehen sind.
Während des Entstehungsprozesses überarbeitete Asisi sein Panorama immer wieder, damit es dem Auge seines Betrachters auch aus nächster Nähe standhält. Das kostete Zeit.
Titanic im Panometer Leipzig: Besonderes Spannungsfeld kreiert
Das fertige Rundgemälde wurde schließlich von einer Spezialfirma aus dem Sauerland gedruckt. Weil das Panorama zu groß ist, um es in einem Stück anfertigen zu können, wurde die Bilddatei zuvor am Computer in Streifen geteilt und anschließend auf 30 Stoffbahnen gedruckt.
Im Anschluss wurden diese in einem speziell dafür entwickelten Verfahren zusammengenäht. Am Ende erstreckte sich das Panorama auf 650 Kilogramm Stoff, der ähnlich einer Gardine in ein spezielles Schienensystem eingehängt und regelrecht in das Panometer gespannt wurde.
In der begleitenden Ausstellung passieren Besucher zudem nicht nur eine 1:1-Rekonstruktion des Titanic-Bugs, sie führt auch in die Thematik ein. Dort werden Abbildungen großartiger Errungenschaften aber auch waghalsiger Ansätze aus der Hochphase der Industrialisierung gezeigt.
„Mit dieser Euphorie entlasse ich den Besucher in das Panorama und lasse ihn mit dem Wrack alleine. Ich denke, dass dadurch ein Spannungsfeld entsteht“, sagt Asisi. (mz)