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Bis das Blut spritzt Hool: Philipp Winkler enführt mit seinem Roman in die Welt der Hooligans

19.09.2016, 13:24
Der Schriftsteller Philipp Winkler legt mit "Hool" (Aufbau Verlag) seinen Debütroman vor
Der Schriftsteller Philipp Winkler legt mit "Hool" (Aufbau Verlag) seinen Debütroman vor dpa-Zentralbild

Hannover/Leipzig - Was treibt Männer dazu, sich zu blutigen Schlägereien irgendwo im Wald zu verabreden? Warum hassen die Hooligans von Hannover 96 die Fans von Eintracht Braunschweig so abgrundtief? Diesen Fragen geht der in Leipzig lebende Philipp Winkler in seinem Debütroman „Hool“ nach. Der 30-Jährige wuchs bei Hannover auf, studierte Literarisches Schreiben in Hildesheim und ist wie sein Ich-Erzähler Heiko Kolbe Fußball-Fan. Heiko jobbt in der Mucki-Bude seines Onkels Axel, wo Drogen vertickt werden, und wohnt mit dem schmierigen Ex-Knacki Arnim zusammen, der Hundekämpfe veranstaltet. Die Hools sind seine Familie, die Prügeleien geben ihm den Kick.

Live-Report vom Hoolingan-Schlachtfeld

Gleich die erste Szene des Romans ist ein Live-Report vom Schlachtfeld irgendwo in einem Wald bei Olpe: Hannoveraner gegen Kölner. Heiko beschreibt, wie er seinen Zahnschutz in den Mund schiebt und dann die Ficker, Hurensöhne, eben die Scheiß-Kölner fertigmacht. Winkler zieht die Leser in die Welt des Schulabbrechers hinein und nimmt sie mit auf seine Wege zwischen dem „Wotan Boxing Gym“ in Hannover, Arnims Miefbude auf dem Land und Heikos Elternhaus, wo sein alkoholkranker Vater mit einer Asiatin lebt.

„Hool“ landet auf Longlist für den Deutschen Buchpreis

„Verzweifelt, knallhart und voller Herz. „Hool“ leuchtet aus allen Wunden“, beschreibt die Schriftstellerin Lucy Fricke Winklers ersten Roman, der es auf die Longlist für den Deutschen Buchpreis geschafft hat. Er ist nicht nur eine authentische Reportage aus der Fußballschläger-Szene, sondern auch eine Studie von kleinbürgerlichen und kriminellen Milieus. Es geht um Familien, die der Alkohol oder der Tod eines Kindes kaputt gemacht hat. Auch Freundschaften sind ein wichtiges Thema. In Rückblenden erfährt der Leser von großen und kleinen Katastrophen in Heikos Kindheit und Jugend.

Winklers Lieblingsautoren: Cormac McCarthy, Denis Johnson oder Alan Moore

Vieles ist komisch, ohne dass sich der Autor über die Figuren lustig macht. So machen Heiko und seine Kumpel nach dem jährlichen Treffen am Grab eines toten Freundes eine besondere Entdeckung. An der Bar einer Spielothek stoßen sie am Smartphone auf den Facebook-Aufruf eines Braunschweiger Fans zum „vorsauuföööön im Lucky Luke!!!“. Der meist überdrehte Kai, Hool und BWL-Student, fragt: „Sollen wir dem Haubentaucher eine Lektion in Sachen Datenschutz verpassen?“ Die Überfall-Aktion in der verbotenen Stadt Braunschweig geht aber total nach hinten los. Was sich auf Arnims verlotterten Hof abspielt, gleitet sogar zunehmend ins Absurde ab.

Philipp Winkler sagt, er sei eher mit Serien und Filmen als mit Büchern großgeworden. Zu seinen Lieblingsautoren zählen Cormac McCarthy, Denis Johnson oder Alan Moore.

Wie ist Philipp Winkler auf das Hooligan-Thema gekommen?

 „Es war auch der Wunsch, so eine Art von Buch mal selber zu lesen.“ Inzwischen arbeitet der 30-Jährige, der in Leipzig lebt, an seinem zweiten Roman. Worum es geht, will er noch nicht verraten. Aber: „Es wird kein „Hool II“ und es hat nichts mit Fußball zu tun.“ (dpa)