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Geheimes Gewerbe Giesecke & Devrient in Leipzig: Hier werden massig 50-Euro-Scheine gedruckt

Von Antonie Städter 18.07.2016, 06:00
Aus Papier wird eine Euro-Note. Ein seltener Blick auf die Druckmaschine bei Giesecke & Devrient.
Aus Papier wird eine Euro-Note. Ein seltener Blick auf die Druckmaschine bei Giesecke & Devrient. Giesecke & Devrient

Leipzig - Ob er nicht einmal ein bisschen Ausschussware mitbringen könne - ein paar Bögen zweiter Wahl? Fragen wie diese hört Frank Frenzel immer wieder und seit Jahren. Natürlich scherzhaft gemeint. Doch so neugierig und mit vielen Sprüchen andere Leute auf seinen Beruf reagieren, so nüchtern merkt er selber an: „Sicher, unser Produkt ist kein Produkt wie jedes andere - aber wenn man länger hier beschäftigt ist, nimmt man den Wert nicht mehr wahr.

Wenn es anders wäre, könnte man hier auch nicht arbeiten.“ Frank Frenzel stellt mit seinem Team in der Leipziger Johannisgasse, unweit des Grassimuseums, das wohl begehrteste Produkt der Welt her: Geld. Genauer gesagt ist er in der Wertpapierdruckerei von Giesecke & Devrient (G&D) als Werksleiter für den Banknotendruck zuständig.

Giesecke & Devrient druckt circa fünf Milliarden Banknoten pro Jahr

Und als solcher denkt der 62-Jährige, wenn er etwa drei Fünfzig-Euro-Scheine in den Händen hält, nicht als Erstes darüber nach, was er sich davon kaufen könnte. „Ich schaue, wo sie hergestellt wurden und ob es Farbabweichungen gibt - Letzteres darf natürlich nicht vorkommen“, so Frenzel, ganz der gelernte Drucker. Mitte der 70er Jahre fing er in der damaligen „VEB Wertpapierdruckerei Leipzig“ an, absolvierte ein Fernstudium der Polygrafie, also zum Druckwesen, und wurde im Jahr 2000 Werksleiter in dem nach der Wende von G&D zurückgekauften Stammhaus des Unternehmens, das 1852 gegründet wurde.

Dazu muss man wissen: G&D druckt circa fünf Milliarden Banknoten pro Jahr. Nachdem die Druckerei in der Münchner Zentrale 2015 aus Spargründen geschlossen wurde, geschieht das nun nur noch in den Werken in Leipzig und Malaysia. Längst hat der weltweit tätige Konzern auch andere Geschäftsfelder erschlossen - entwickelt etwa Technologien für mobile Sicherheitsanwendungen wie den elektronischen Zahlungsverkehr. Den größten Umsatzanteil liefern aber weiter Produkte rund um die Banknote - vom Banknotenpapier bis zur Banknotenbearbeitungsmaschine.

16 Spezialdruckereien für Produktion von Euro-Banknoten zugelassen

Das Unternehmen gehört zu europaweit 16 Spezialdruckereien, die für die Produktion von Euro-Banknoten zugelassen sind. Doch welche Geldscheine für welches Land genau im Leipziger Werk hergestellt werden, darüber bewahrt Frank Frenzel Stillschweigen: „Wir dürfen über Kunden grundsätzlich keine Auskunft geben.“

Sowieso - und logischerweise - ist die Verschwiegenheit hier groß: Diskretion gehört genauso zum Geschäft wie die hohen Sicherheitsvorkehrungen. Ein Blick in die Druckerei? Leider nein. Und falls die Produktionsstätte ausnahmsweise doch einmal geöffnet wird, etwa bei Besuchen des Ministerpräsidenten oder Oberbürgermeisters, „dann räumen wir grundsätzlich vorher alles weg, was auf unsere Kunden hinweisen würde“, sagt der Werksleiter. Das Thema Sicherheit fängt schon am Eingang an: Nicht jeder kommt hinein - und wenn, dann nur über einen sogenannten Personenvereinzeler. „Solche Sicherheitsschleusen gibt es überall bei uns in den Gebäuden, genauso wie die Kameras“, so Frank Frenzel.

Polizeiliches Führungszeugnis für alle Angestellten

Natürlich müssen die Angestellten bestimmte Voraussetzungen erfüllen: „Gefordert ist etwa ein polizeiliches Führungszeugnis, das bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern jedes Jahr erneuert werden muss.“ In der Druckerei, gewissermaßen Hochsicherheitszone, sind Mobiltelefone verboten, „die Beschäftigten tragen Kleidung mit Taschen aus durchsichtigem Netzmaterial“, so Frenzel. Derlei Dinge gehören zum Sicherheitsstandard. Wobei er nicht unerwähnt lassen möchte: „Wir vertrauen unseren Mitarbeitern. Unter den mehr als 400 Beschäftigten am Standort Leipzig gibt es etliche, die bereits seit vielen Jahren hier arbeiten - es ist auch noch nie etwas passiert.“

Und wie geht das nun, das Geldmachen? Alles fängt in der Papierfabrik an, sagt Frenzel: „Das Rohpapier kommt im Bogenformat per Sicherheitstransport zu uns - dann sind schon einige Sicherheitsmerkmale wie beispielsweise Wasserzeichen oder Sicherheitsfäden eingearbeitet.“ Jeder Bogen und jedes Wasserzeichen darauf sei registriert. „Bei allen Produktionsschritten ist sichergestellt, dass jede einzelne Banknote nachverfolgt wird“, so der Experte fürs Gelddrucken. Die Scheine werden nicht in ein paar Tagen gemacht: „Vom Eingang des Papiers bis zur Auslieferung der fertigen Banknote dauert es im Schnitt sechs Wochen.“ Schließlich ist diese heutzutage ein echtes Hightech-Produkt.

Wie werden Banknoten hergestellt?

Bei der Herstellung werden verschiedene Verfahren genutzt, „zwischendurch muss immer wieder die Farbe trocknen“, sagt Frenzel. Natürlich Spezialfarbe, die es nicht im Handel zu kaufen gibt. „Als erstes wird das Papier mit dem Untergrunddesign bedruckt.“ Dann komme der sogenannte Stichtiefdruck zum Einsatz, ein spezielles Verfahren im Sicherheitsdruck: „Dabei wird die Farbe erhaben auf das Papier gebracht - was man später fühlen kann, wenn man mit der Fingerkuppe über die Banknote streicht.“ Und der Leipziger ergänzt: „Bis die Banknote fertig ist, werden weitere Sicherheitsmerkmale hinzugefügt - zum Beispiel werden Kippeffekte, also Zahlen mit Farbwechsel, im Siebdruck erstellt oder Hologramme aufgebracht.“ Ganz allgemein lasse sich sagen: „Je höher der Nennwert der Banknote, desto mehr Sicherheitsmerkmale werden gewünscht.“ Mit der Zifferung wird schließlich aus jeder Banknote ein Unikat. Eines, das vor Zuschnitt und Auslieferung noch für eine längere Umlauffähigkeit fit gemacht werden kann, etwa mit einem speziellen Schutzfilm. „Der neue Fünf-Euro-Schein ist zum Beispiel mit solch einer Lackierung versehen“, sagt Frank Frenzel. Somit wird die Haltbarkeit erhöht.

Mit dem gleichen Ziel kommen die Geldscheine in der Wertpapierdruckerei regelmäßig für Qualitätstests ins Labor, wo sich auch eine Waschmaschine befindet. Jeder, der schon einmal einen Schein aus einer frisch gewaschenen Jeans gefischt hat, weiß warum. „Solche Belastungen müssen Banknoten aushalten. Deshalb werden sie bei uns in genau definierten Prüfvorgängen unter anderem gewaschen und geschleudert“, erzählt Frenzel.
Was sagt er eigentlich zur Debatte über die Abschaffung des Bargeldes? Er überlegt, meint dann: „Ich habe keine Bedenken, denn Bargeld hat entscheidende Vorteile: Es ist das sicherste Zahlungsmittel weltweit und gewährleistet die Privatsphäre seiner Nutzer. Außerdem mögen es die Menschen, etwas Greifbares in der Hand zu haben.“ Besonders, wenn es Geld ist. (mz)