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Beach & Boat in Leipzig Beach & Boat in Leipzig: Ahoi statt Glück auf

Von Steffen Höhne 19.02.2016, 08:35
Bernd Cwielong lässt das Segelboot Varianta 18 bauen und vertreibt es. Auf den Seen rund um Leipzig ist das Modell häufig zu sehen.
Bernd Cwielong lässt das Segelboot Varianta 18 bauen und vertreibt es. Auf den Seen rund um Leipzig ist das Modell häufig zu sehen. Andreas Stedtler

Leipzig - Bernd Cwielong steht auf der Varianta 18. „Die kentert bei keinem Wetter“, ruft er vom Deck. „Ohne Probleme kann man das Schiff alleine segeln.“ Ohne den Segelsportfan Cwielong würde das Boot allerdings heute wohl auch nicht mehr gebaut. Jahrelang wurde der sogenannte Kleinkreuzer von der Hanse-Werft in Greifswald gefertigt. Als diese die Produktion aus Kostengründen einstellte, ist es Cwielong gewesen, der sich die Rechte an dem Segelboot sicherte. Heute wird es in seinem Auftrag in Estland und bei SQ-Yachts in Meschede-Freienohl (Nordrhein-Westfalen) gebaut.

Auf der am Donnerstag gestarteten Leipziger Messe „Beach & Boat“ ist das Segelschiff schon am Vormittag von Besuchern umringt. Sie steigen in die Kajüte mit vier Schlafplätzen und setzen auf dem Trockendock die Segel. Mit einer Länge von 5,75 Metern und einem 14 Quadratmeter Großsegel eignet es sich nach Ansicht von Cwielong bestens für die neuen mitteldeutschen Seen. „Allein auf dem Cospudener See im Süden Leipzigs fahren bereits elf Varianta 18“, sagt er. Im gesamten Neuseenland seien es etwa 40.

Motorboote von der Müritz

Hieß es früher in der Region Halle-Leipzig „Glück auf“, so heißt es heute immer öfter „Ahoi“. Die ehemalige Bergbau-Landschaft wandelt sich in eine touristisch genutzte Seenplatte. Allein im Süden Leipzigs sind bisher fünf große neue Gewässer für den Wassersport freigegeben worden. Im südlichen Sachsen-Anhalt entstanden mit dem Geiseltalsee bei Merseburg und der Goitzsche bei Bitterfeld-Wolfen zwei große künstliche Binnenseen.

In den neuen Segel-Revieren nimmt von Jahr zu Jahr der Wassersport zu. Das nützt am Ende auch der Leipziger Bootsmesse. Dort ist von der 50.000 Euro teuren Segel-Yacht bis zum aufblasbaren Kanu für 500 Euro fast alles zu finden, was auf dem Wasser schippern kann.

Ins Auge in der Messehalle 4 springen sofort die Motorboote von Müritz-Yacht-Management. Das Unternehmen fertigt alle seine Boote in einer Werft in Rechlin an der Müritz (Mecklenburg-Vorpommern). Angeboten wird etwa ab 6.700 Euro die Aquila 4.7 Fishing mit einem Suzuki Motor. „Das Boot ist ideal für Angler, die auf Seen oder an der Küste auf Fischfang gehen wollen“, sagt Vertriebsmitarbeiter Rainer Janke. Wer es komfortabel mit Kajüte möchte, könnte die Aquuila 5.8 Coaster ordern. Ab 21.000 Euro sind damit rasante Sprints auf See und Meer möglich. „Wir sind in Leipzig, um Boote zu verkaufen“, sagt Janke. Es sei zu beobachten, dass die Nachfrage in der Region steige.

Die Beach & Boat  findet noch bis Sonntag auf der Leipziger Messe statt. Die seit 2009 stattfindende Bootsmesse ist in Halle 4. Die Tageskarte kostet 10,50 Euro. Auf der Messe stellen zahlreiche Aussteller Segel- und Motorboote sowie Kanus aus. Daneben gibt es ein großes Rahmenprogramm. Dazu gehören  etwa Fachvorträge und  der Einblick in eine Bootsbau-Werkstatt.  In einem großen Pool gibt es Mitmachangebote für Paddler und Windsurfer.

Die Messen Haus-Garten-Freizeit und Mitteldeutsche Handwerksmesse finden bis Sonntag parallel zur Bootsmesse  statt. 250 Aussteller präsentieren die ganze Vielfalt des Handwerks. Die letzte  Haus-Garten-Freizeit verbuchte mehr als 180.000 Besucher und ist damit eine der großen Verbrauchermessen Deutschlands. Die Aussteller präsentieren neue Trends für Wohnen und Garten.

Auf viele Käufer hofft auch Ingolf Nitschke, Chef von Poucher Boote. Die Faltboote des Unternehmens aus Bitterfeld-Wolfen sind ein wahrer Klassiker. In der DDR waren die schnell auf- und abbaubaren Kanus ein Exportschlager und damit im örtlichen Handel rar. Nach der Wende behauptete sich das Unternehmen trotz vieler neuer Wettbewerber. „Wir haben weitere Modelle entwickelt. Der Bootsaufbau ist zudem vereinfacht worden“, sagt Nitschke. Die Preise beginnen heute bei 2 400 Euro. Zuletzt sorgte das Unternehmen durch die Anmeldung einer Insolvenz für Aufregung. Doch Nitschke versucht zu beruhigen: „Mit einem neuen Investor geht es auf jeden Fall weiter.“ Er sieht den Kanu-Sport im Aufwind. „Viele Menschen wollen ihre Freizeit wieder mehr in der Natur verbringen und sich körperlich bewegen“, so Nitschke. Auf den Seen und den dazugehörigen Kanälen sei dies bestens möglich.

Sanfter Tourismus

Angela Zábojník, Leiterin der AG Gewässerverbund Neuseenland, erklärt daher gestern auch am Rande des „Seenland Kongresses“, der auch auf der Messe stattfand: „Wir wollen einen sanften Tourismus entwickeln, der umweltverträglich bleibt.“ Nach ihren Worten seien in der Region im Bergbau nach der Wende rund 50 000 Arbeitsplätze verloren gegangen. Für viele Bergleute und deren Familien sei dies hart gewesen. Dennoch würden die meisten die jetzige Entwicklung der Seenlandschaft begrüßen und unterstützen. „Der Tourismus und der Wassersport schaffen neue Arbeitsplätze“, so Zábojník. Doch müsse darauf geachtet werden, dass es ein Erholungsgebiet bleibe. Dies wünschten die Anwohner. Die Konsequenz daraus ist etwa, dass auf vielen neuen Seen Motorbootverkehr nur eingeschränkt möglich ist.

Welche Potenziale in der Wassersportwirtschaft stecken, verdeutlicht Leunas Bürgermeisterin Dietlind Hagenau (parteilos). Sie wirbt unter anderem für den Bau des Saale-Elster-Kanals, der die neue Seenlandschaft mit der Saale verbinden soll. Das bereits in den 1930er Jahren angestoßene Projekt wurde nie fertiggestellt. Hagenau träumt von einer Wasserstraße von Hamburg bis nach Leipzig.
Ehe es soweit ist, können auf der „Beach & Boat“ auch die Kleinsten schon einmal trainieren. In einem riesigen Pool setzen Kinder auf Kleinbooten die Segel oder absolvieren die ersten Paddel-Übungen. Reichlich Nachwuchs an Seglern, Kanuten und auch Tauchern zeichnet sich durch die neuen Seen jedenfalls schon ab. (mz)

Mer Informationen unter: www.leipziger-messe.de