Leipzig Leipzig: Tragischer Unfall auf der Galopprennbahn
Leipzig/dapd. - Lähmendes Entsetzen, die Feierstimmung war dahin: Kurz nach der feierlichen Tribüneneröffnung auf der Leipziger Galopprennbahn vor über 15.000 Zuschauern ereignete sich im erstenRennen ein schlimmer Unfall - Hengst Proust musste vor derüberfüllten Tribüne eingeschläfert werden. Das Pferd war in derZielkurve umgeknickt, der Fuß förmlich abgebrochen und das schwer verletzte Tier mit der offenen Wunde ins Ziel gehinkt.
Trotz des traurigen Vorfalls und einer daraus resultierendenlangen Pause wurde der Renntag zu einem Startschuss für bessereZeiten auf der Traditionsbahn. In den vergangenen Jahren wolltenSpekulanten nur die traumhafte Grünfläche mitten in der LeipzigerCity, der Rennklub musste Insolvenz anmelden und der einst inDeutschland einzigartigen Tribüne drohte der Einsturz. Am Tag derArbeit strömten nun wie erhofft die Massen zum traditionellenGalopprenntag ins Scheibenholz, es bildeten sich lange Schlangen anden Kassen und Wettschaltern.
4,3 Millionen Euro Baukosten
Innerhalb von 13 Monaten war das imposante und denkmalgeschützteTribünengebäude mit Millionen aus dem Konjunkturpaket und einesPrivatinvestors originalgetreu aber mit modernster Technik saniertworden. «Wir hoffen auf alten Glanz. Zu DDR-Zeiten war das die Bahnmit den meisten Renntagen, Besuchern und Wettumsätzen», sagte dergeschäftsführende Rennklub-Vorstand Jens Luft. Zur Eröffnung warenmit 50 Wettschaltern so viele wie noch nie in der fast 150-jährigenHistorie geöffnet. Und das Orchester der Musikalischen Komödie zuLeipzig spielte aus dem Musical «My Fair Lady» staatstragendsymbolisch «Ascote Gavotte» - fehlte eigentlich nur noch die Queenpersönlich.
Vizepräsident Luft schwärmt «von der modernsten Wetthalle in ganzDeutschland», die in dem 1907 eingeweihten und damals seinesgleichensuchenden massiven Tribünengebäude untergebracht ist. Nun wurden 4,3Millionen Euro verbaut, über die Hälfte aus privaten Mitteln.Vereins-Ehrenpräsident Bernd Schirm sagte mit feuchten Augen: «Wirerwarten mit der sanierten Tribüne einen nachhaltigen Schub, alleProbleme des deutschen Turfs werden wir freilich nicht lösenkönnen.»
Die Leipziger Macher wollen nicht nur neugierige Pferdesport-Fansaus ganz Deutschland anlocken, sondern mit der tollen Location inLeipzigs grüner Mitte Interesse für Veranstaltungen und beiSponsoren wecken. «Es muss Geld in die Kassen kommen», sagte Luft:«Auch mit der Gastronomie. Denn Pferdesport allein finanziert sichnicht. Das herrliche Ambiente wird neue Leute anlocken.» Nur 26Pferde stehen in den Ställen, Platz ist für 100. Luft: «EinTeufelskreis: Wenig Pferde, wenig Rennen.» In Leipzig sollen ausfünf Renntagen in dieser Saison perspektivisch wenigstens zehnwerden.
Fehlende Gerade als Manko
Rein sportlich kann die Leipziger Piste mit Berlin-Hoppegartennicht mithalten, allein schon wegen der fehlenden langen Geraden.Auch deshalb erhielt das Scheibenholz einst den Spitznamen«Nudeltopp». Für den deutschen Pferdesport war Leipzig einstVorreiter: Bereits am 12. August 1945 wurde im Scheibenholz dererste deutsche Nachkriegsrenntag durchgeführt, es war das Signal fürdie Wiederbelebung des Galopprennsports in alles vierBesatzungszonen. Das Ende schien im Jahr 2004 gekommen, der bereitsam 7. Mai 1863 gegründete Leipziger Rennklub e.V. musste im Juni desJahres Insolvenz anmelden - die Renntage fielen aus.
Der Leipziger Reit- und Rennverein Scheibenholz e.V. schaffte denNeuanfang, erhielt von den Stadtvätern das Erbbaurecht für das seit1867 als Rennbahn genutzte Gelände und rettete eine der fünfältesten noch in Betrieb befindlichen deutschen Rennbahnen. Nur BadDoberan (1822), Düsseldorf (1844), Hamburg-Horn (1852) undBaden-Baden (1858) blicken auf eine noch längere Historie zurück.