Leipzig Leipzig: Panoramablick deluxe
Leipzig/dpa. - Über Leipzigs höchstes Hotel kursiert eineAnekdote zum Schmunzeln: Zeigten Reiseführer Gästen der Stadtzugleich den 96 Meter hohen, massigen Bau und das avantgardistischeweltberühmte Gewandhaus und fragten, welches Gebäude wohl einensozialistischen Baumeister hatte, tippten alle immer auf das Hotel.Damit lagen sie falsch. Das Hotel, das 1981 als «Merkur» zurLeipziger Frühjahrsmesse öffnete, wurde von der japanischenKajima-Gruppe errichtet. Das 30-jährige Jubiläum des Hauses wird am13. März groß gefeiert. Rund 400 aktuelle und ehemalige Mitarbeiterwerden zu einem Treffen erwartet.
Das «Merkur», inzwischen zum «The Westin Leipzig» geworden,gehörte zu den bekanntesten Hotels der DDR - und war vor allem fürGäste aus dem Westen gedacht. Restaurantleiter Rainer Toporski, derzu den Mitarbeitern der ersten Stunde gehört, erinnert sich: «Es warvon den damaligen Entscheidungsträgern der DDR beabsichtigt, dieQualität zu verbessern. Man wollte den westlichen Gästen was bieten.»Im Restaurant Brühl, wo Toporski arbeitet, musste mit harter D-Markbezahlt werden. «Ich habe schon oft versucht, es den Gästen zuerklären. Er war einfach so, dass dadurch dieser Zwang "Sie werdenplatziert", den es sonst überall in der Gastronomie gab, weg war.»
Er habe sich schon privilegiert gefühlt, im Interhotel «Merkur» zuarbeiten, sagt der 62 Jahre alte Toporski. «Wir waren damals ein sehrjunges Team, alle top ausgebildet.» Ingesamt 16 Kollegen aus demGründungsjahr sind noch immer dabei. Die Hotel-Belegschaft ist aberviel kleiner geworden. Sorgten sich zu DDR-Zeiten noch rund 650Mitarbeiter um das Wohl der Gäste, gibt es derzeit 180Festangestellte plus Helfer für Spitzenzeiten. Damals wie heute seies der Mannschaft um ein hohes Niveau gegangen, sagt Toporski. «Daszog sich durch meine ganzen Jahre hier. Das Hotelmanagement wollteimmer diesen hohen Qualitätsanspruch aufrechterhalten.»
Seit 2005 leitet Andreas Hachmeister (47) die Geschicke desHotels. Mit 436 Zimmern auf 27 Etagen hat das Haus eine für heutigeVerhältnisse nicht unproblematische Größe. «Wenn wir 240 Zimmerverkauft haben, können wir nicht zufrieden sein. Alle anderenHoteliers in Leipzig wären zufrieden, weil sie dann nämlich komplettausgebucht wären.» Laut Hachmeister hatte das Vier-Sterne-Haus 2010eine Auslastungsquote von «jenseits der 70 Prozent» und lag damitnoch über dem Durchschnitt der Top-Hotels in Leipzig.
Inzwischen spiele und kokettiere man auch damit, «dass wir vonaußen nicht die Schönheit eines Patrizierhauses haben», sagtHachmeister. Innen ist das Hotel stylish eingerichtet, für einen RestDDR-Charme sorgen nur einige Lampen, aufpolierte Türgriffe und einmonumentales Relief in der Lobby. Wer mit Vorurteilen komme und beimAnblick von außen denke: «Hauptsache schnell zurück nach Wuppertal!»,werde vom Ambiente innen überzeugt, meint der Hotel-Chef. 29Millionen Euro wurden seinen Angaben zufolge von 2004 bis 2008investiert. Auch die Fassade wurde saniert. Scheint die Sonne,glitzert das mit kleinen Perlmutt-Fliesen überzogene Haus.
In den Bewertungsportalen im Internet kommt das Hotel tatsächlichgut weg und wird weiterempfohlen. Hachmeister, der aus Ostwestfalenstammt, hat auch beobachtet, dass die Leipziger ihr «Merkur», von demder Volksmund nicht lassen kann, einfach mögen. Die spektakuläre Höhedes Hotels sei auch ein Vorteil. Marketingleiterin Antje Reichsteinsagt, viele Gäste wollten immer die oberen Etagen buchen. «Dabei hatman schon von der zehnten Etage einen tollen Blick über die Stadt.»