Leipzig Leipzig: Der Bayerische Bahnhof geht auf Reisen

Leipzig/dpa. - Der Portikus des denkmalgeschütztenBayerischen Bahnhofs bewegt sich den ersten halben von insgesamt 30Metern. Mit drei bis vier Metern pro Stunde wird das Bauwerk seitlichzu seinem neuen Standort gezogen.
«Seien Sie vorsichtig mit unserem Portikus. Wir mögen ihn sehr»,ruft Jung der Bauleitung zu. Das Tor mit vier Bögen war 1844 alsStart und Ziel der sächsisch-bayerischen Staatseisenbahn eingeweihtworden. Im Zweiten Weltkrieg wurde es schwer beschädigt und erst nachder Wende saniert. Nun bewegt sich «die ehrwürdige Dame» - wieLeipziger das Bauwerk nennen - vor gut 300 staunenden Zuschauernerstmals selbst. 2008 soll es an seine ursprüngliche Stellezurückkehren und im Jahr darauf wieder vom Bahnbetrieb künden.
Die Verschiebung ist Teil eines Jahrhundertprojekts - demLeipziger City-Tunnel. Er soll von 2009 an den Hauptbahnhof mit demBayerischen Bahnhof verbinden, der derzeit statt Reisender nurhungrige und durstige Gäste in einem Brauhaus begrüßt. Dann soll derRegionalverkehr eine Nord-Südverbindung durch den wichtigstenostdeutschen Verkehrsknotenpunkt haben.
Der fast 572 Millionen Euro teure Bahntunnel bekommt in dennächsten zwei Jahren vor dem Bayerischen Bahnhof eine Station. Wenndiese steht und die riesige Baugrube geschlossen ist, wiederholt sichdie Fahrt des Portals: Dann soll es wieder am historischen Bahnhofandocken. Die Aktion ist spektakulär: «Ein 2200 Tonnen schweres, 16Meter hohes und 16 Meter breites Bauwerk bewegt sich», sagt SachsensWirtschaftsminister Thomas Jurk (SPD) fasziniert.
Und so funktioniert es: Zunächst wurde das Fundament freigelegtund von einem neuen beweglichen unter jedem Pfeiler der Torbögenumschlossen. Dieses Fundament lässt sich auf «Schlitten» und gutgefetteten Teflonschienen von 20 Pressen bewegt nach Osten ziehen.«Gebäude und Transportkonstruktion wiegen zusammen 2800 Tonnen,gleiten aber völlig ruckelfrei ihrem neuen "Parkplatz" entgegen»,sagt Ulrich Schliebe von der Bauoberleitung. Von der einstigenBahnhofshalle und heutigen Brauerei wurde das Portal zuvor abgesägt.
Bis zur Fußball-Weltmeisterschaft will der Austragungsort Leipzigseine Großbaustellen in einem «ansehnlichen Zustand» präsentieren.Das Bauen geht dennoch weiter. Oberbürgermeister Jung erzählt voneinem «100-jährigen Leipziger Traum», der mit dem Tunnel in Erfüllunggehe. Der industrielle Norden Leipzigs werde mit dem Stadtzentrum unddem dicht bewohnten Süden verbunden. 15 bis 20 Minuten schneller solles mit der Regionalbahn im City-Tunnel durch die Stadt gehen.
«Jetzt ist erstmals das Geld für das Projekt da und jetzt packenwir es an», ergänzt Minister Jurk. Neben der enormen Verbesserung derInfrastruktur würden auch Millionen Auto-Kilometer eingespart, weildie Leute aus dem Umland in kürzester Zeit mit der Bahn in dasStadtzentrum gelangen. «Damit wird auch für den Umweltschutz vielgetan.»