Landrat im Jerichower Land Landrat im Jerichower Land: Finzelberg will bei Kommunalwahl kandidieren

Magdeburg/dpa - Der suspendierte Landrat Lothar Finzelberg soll sich nach dem Willen der Anklagebehörde wegen Bestechlichkeit in einem besonders schweren Fall vor Gericht verantworten. Die Anklage sei bei der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Magdeburg erhoben worden, teilte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft in Stendal am Donnerstag mit. Bei Bestechlichkeit drohen bis zu fünf Jahre Haft, im besonders schweren Fall sogar bis zu zehn Jahre.
Zwei Unternehmer mitangeklagt
Der parteilose Kommunalpolitiker aus dem Jerichower Land habe sich in Zusammenhang mit Genehmigungsverfahren für die Müllentsorgung mit Geld und anderen Vermögensvorteilen im Wert von mindestens 262 000 Euro bestechen lassen, erklärte die Staatsanwaltschaft. Zudem werde ihm schwere Steuerhinterziehung zur Last gelegt - auch, weil er den kostenlosen Dienstwagen nicht angegeben habe. Mitangeklagt seien zwei Unternehmer, denen schwere Bestechung vorgeworfen werde. Den Ermittlungen zufolge habe Finzelberg von den Mitangeklagten mehrmals Bargeld angenommen, sagte ein Sprecher der Behörde.
Finzelberg hat die Vorwürfe wiederholt bestritten. Im Januar war er wegen uneidlicher Falschaussage vor einem Untersuchungsausschuss des Landtages in zweiter Instanz zu neun Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Gegen das Urteil hat der Kommunalpolitiker Revision eingelegt.
Der Kreistag des Jerichower Landes hatte Finzelberg am Mittwochabend suspendiert. Daraufhin kündigte der 60-Jährige an, auch gegen seine Beurlaubung juristisch vorgehen zu wollen: „Es ist nicht gerecht und nicht gerechtfertigt.“ Das Verwaltungsgericht in Magdeburg konnte zunächst noch nicht den Eingang von Rechtsmitteln bestätigen. Finzelberg kündigte zudem an, er werde wie geplant bei der Kommunalwahl am 25. Mai erneut kandidieren.
Vize-Landrat führt die Geschäfte
Die Geschäfte des Landrats im Jerichower Land führt jetzt Bernhard Braun. Der 56-jährige Vize-Landrat war bislang bereits unter anderem für Zentrale Angelegenheiten und Finanzen zuständig, wie ein Sprecher des Landkreises erklärte. Finzelberg sei trotz seiner Suspendierung weiterhin Landrat, aber quasi beurlaubt. Er erhalte auch weiterhin seine Bezüge.
Hintergrund des Müllskandals ist laut Staatsanwaltschaft die illegale Entsorgung tausender Tonnen Müll in zwei Tongruben in Möckern und in Vehlitz. Finzelberg soll laut Anklage in Stellungnahmen des Kreises an das zuständige Landesamt für Geologie und Bergwesen zugunsten der Firma der Mitangeklagten Einfluss genommen haben. Kontrollbemühungen habe Finzelberg durch Fehlinformationen untergraben. Den Tatzeitraum gibt die Anklage mit 2004 bis 2008 an.
Das Verfahren gegen Finzelberg läuft bereits mehrere Jahre. Die Anklageschrift umfasst inzwischen 685 Seiten; mehr als 100 Zeugen werden benannt. Zudem verweist die Staatsanwaltschaft auf etwa 800 Beweismittel wie zum Beispiel Urkunden oder auch E-Mails. Eine Beschlagnahme von Vermögen hatte Finzelberg abgewendet, indem er 210 000 Euro hinterlegte. Diese Regelung besteht laut Anklagebehörde fort. Wegen der illegalen Müllentsorgung war bereits Anklage gegen mehrere Beschuldigte erhoben worden, darunter auch gegen einen der jetzt Mitangeklagten. Der Prozess hierzu steht aber noch aus.